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Karl Stamm
Aus
dem Tornister . 1. Auflage 1915
Nachts im Kantonnement
Nun schlafen schon die Männer um mich her,
Das nächtige Dunkel lastet schwarz und schwer.
Der Tag war hart. Noch bannt nicht Schlaf den Sinn
mir, der ich lass und müde bin.
Ich höre jeden tiefen Atemzug,
ich seh des Schlummers lächelnden Betrug,
der seinen Lieblingen Vergessenheit
zu schlürfen gab für kurze Spanne Zeit.
Jedoch für manchen war der Trank zu schwach
und Tag und Leben zittern leise nach.
Hier einer, den im Traum Entsetzen fasst,
aufschreit sein Mund, sein Angesicht erblasst!
Er reckt sich auf und starrt ins Leere fort,
auf seiner Lippe stirbt das grause Wort.
Sah er im Geist die aufgetane Gruft? -
Und wieder Stille. - Plötzlich einer ruft
mit Jubelstimme, dass der Raum erdröhnt!
Ein Kindesname durch das Dunkel tönt ...
Sah er im Traum die heimatliche Bucht.
Hat ihn sein fernes Liebchen wohl besucht?
Und wieder Stille. Atemzüge schwer.
Da drängt es aus dem letzten Winkel her,
nicht Wort, nicht Schrei - wie Laut gewordner Schmerz
bricht schütternd Schluchzen tief aus wehem Herz.
Ein Körper windet sich in Qual und Pein,
er wühlt sich tiefer in die Decke ein
und hüllt mit Händen jetzt sein Angesicht,
ein seelenkranker Mann, dess Herze bricht.
Die Männer schlafen. Tief ist ihre Ruh.
Schlaflos von allen sind nur ich und du,
der du mich zu den Schlummernden gezählt,
der du nicht weisst, wie sich mein Geist zerquält.
Ich bin der Zeuge deiner Leidenschaft!
Auch ich bedarf im Leiden Mut und Kraft.
Du wecktest Totgeglaubtes wieder auf.
Hinweg, o Traum! Halt ein in deinem Lauf! -
Nun ist es endlich stille um mich her.
Das Schluchzen starb, das Dunkel lastet schwer.
Das Leiden schläft. Nun ist es tiefe Ruh.
Ich bin so müde. - Schlummer, nahe du!
Karl
Stamm . 1890 - 1919
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