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Friedrich von Bodenstedt
Aus
der Heimat und Fremde . 1856/1859
An Frau Julie Rettich
Als sie meine Gedichte
vorgelesen.
Natur und Kunst in schönem Einklang haben
Dich wunderbar geschmückt mit ihren Gaben;
Die Eine hat zur Andern Dich geführt
Und Jegliche zum Liebling Dich erkürt.
Du aber hast, was sie Dir reich gespendet,
Mit keuschem Sinn und maßvoll schön verwendet,
Hast die Natur durch Kunst in Dir verklärt,
Die Kunst durch die Natur in Dir genährt,
Daß Du, der in der Dichtung liegt, den Geist
Mit Deinem Geiste zu vermählen weißt,
Um einen neuen Geist daraus zu zeugen,
Davor die Dichter staunend selbst sich beugen.
Du lehrtest mich den Sinn erst meiner Lieder,
Gabst, was ich bot, mir hundertfältig wieder, -
Gleichwie die Saat, auf gutes Feld gestreut,
Lebendig wird, sich hundertfach erneut.
Wer so des Dichters Wort zu ehren weiß,
Dem ziemt vor Allem auch des Dichters Preis -
Und dieses Lied, zu Deinem Preis gesungen,
Ist mir aus voller, tiefster Brust entklungen.
Friedrich
von Bodenstedt . 1819 - 1892
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