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Friedrich von Bodenstedt
Aus
der Heimat und Fremde . 1856/1859
Das Lied von der Nase
Hat man so manches Lied gemacht,
Das weit von Mund zu Munde geht,
Und kein Poet an das gedacht,
Was ihm zunächst vor Augen steht:
Die Nase!
Was macht es, daß der Staat besteht,
Daß Jeder frei und glücklich sei,
Die Welt nicht aus den Fugen geht?
Die Nase macht's der Polizei!
Aus mancher rothen Nase spricht's,
Daß sie gefärbt vom Glase ist,
Und in der Wüste des Gesichts
Die blühende Oase ist.
Und ob die Nase hoch und spitz,
Und ob sie platt, und ob sie breit:
Sie offenbart des Menschen Witz,
Zeigt ob er dumm, ob er gescheit.
Der Hochmuth macht die Nase kraus,
Die Klugheit macht sie glatt und fein;
Die Großen theilen Nasen aus,
Die Kleinen stecken Nasen ein.
Und sagt nicht schon ein alter Spruch,
Ein Spruch, bekannt durch alle Welt:
Er ist ein Mensch gut von Geruch,
Das heißt: bei ihm ist gut bestellt
Die Nase!
Stumpfnäschen kannt' ich - ach! so lieb,
Daß eine ganz mein Herz bezwang
Und halb im Herzen stecken blieb -
Doch still! sonst wird mein Lied zu lang!
Friedrich
von Bodenstedt . 1819 - 1892
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