Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Aus der Heimat und Fremde
162 Bücher



Friedrich von Bodenstedt
Aus der Heimat und Fremde . 1856/1859



Wie der Kaiser die Kaiserin versucht

Es geht vom Kaiser Heinrich*
    aus alter Zeit die Sage,
Daß er nur sann und dachte
    wie er die Menschen plage.
Seinen schlimmen Tücken
    mochte Keiner widerstehn,
Man hatte schlimmern Kaiser
    nimmer im Reich gesehn.
___________
* Heinrich V.

Durch seine List und Tücke
    weithin wohl bekannt,
Ward er in allen Landen
    "Heinrich der Schlimme" genannt;
Wie er die schöne Kaiserin
    suchte zu bethören,
Und selber kam zu Schaden,
    deß sollt Ihr nun Kunde hören.

Ob ihrer Zucht und Sitte
    weitum in deutschen Gauen
Ward sein Gemahl gerühmt
    als Krone aller Frauen.
Deß grollte ihr der Kaiser,
    unmaßen war sein Neid,
Ob ihrer hohen Tugend
    schuf er ihr Weh und Leid.

Er sprach zu einem Ritter
    in seinem argen Sinne:
Du sollst zur Kaiserin gehen
    und werben um ihre Minne;
Ihre Minne zu gewinnen
    sollst Du kein Mittel schonen,
Und wenn Du sie gewinnst, will ich
    Dich kaiserlich belohnen!

Dem Wort des Kaisers folgte
    der Ritter mit frohem Sinne,
Er ging zur Kaiserin
    und warb um ihre Minne;
Verfolgt sie allerorten,
    verfolgt sie allezeit
Mit Thränen und mit Worten,
    das war ihr unmaßen leid.

Sie sprach zum Ritter züchtig:
    laßt Euer schlimm Begehren,
Nur meinem Herrn und Kaiser
    darf ich die Minne gewähren!
Doch als mit jedem Tage
    der Ritter wiederkam,
Da erzürnte die hohe Fraue,
    wie ihr das wohl gezam:

Laßt Eure falschen Thränen,
    laßt Euer Flehn und Klagen,
Beim Kaiser, meinem Gemahle
    Will ich Euch verklagen,
Daß Ihr um meine Minne
    zu werben Euch erfrecht,
Deß soll ihm werden Kunde,
    daß er die Unbill an Euch rächt.

Da sprach in stolzem Sinne
    der Ritter zur Kaiserin:
Daß Ihr mich wollt verklagen,
    deß habt Ihr keinen Gewinn!
Vom Kaiser Heinrich selber
    ward ich zu Euch gesandt
Um Eure Minne zu werben,
    das sei Euch in Treuen bekannt!

Der Kaiserin Erzürnen
    verwandelt sich in Staunen.
Sie sprach: eine folgsame Gattin
    fügt sich des Mannes Launen;
Wenn Ihr am Abend heimlich
    in meine Gemächer kommt,
Will ich Euch Alles gewähren,
    Was Eurer Minne frommt!

Der Kaiser argen Sinnes
    vom Ritter hörte die Kunde;
Er sprach: ich will statt Eurer
    gehn in der Abendstunde!
Nun gebt mir Eure Waffen
    und Euer Gewand mir gebt,
Daß ich Euch gleiche am Abend
    ganz wie Ihr leibt und lebt!

Da hieß der Kaiser künden
    Märe durch das Schloß:
Zu Walde wollt' er reiten
    mit seinem Jägertroß;
Zwei Tage wollt' er jagen,
    das Jagdhorn laut erschallt -
So zog der Kaiser Heinrich
    zum Pürschen in den Wald.

Am Abend aber sandt' er
    die Mannen weit voraus,
Und auf verborg'nen Wegen
    kehrt er zurück in's Haus;
Gekleidet wie der Ritter,
    in seinem argen Sinne
Schleicht er zur Kaiserin,
    zu werben um ihre Minne.

Es saß im dunklen Zimmer
    die hohe Frau allein;
Da öffnet sich die Thüre,
    der Ritter trat herein:
Willkommen, edler Ritter!
    ob Ihr so früh auch kommt
Gern will ich Euch gewähren
    was Eurer Minne frommt!

Begebt Euch Eurer Wehre,
    legt nieder Helm und Schwert,
Mit schwacher Fraue zu kämpfen
    seid Ihr zu stark bewehrt!
Von ihrem Sitz erhob sich
    des Kaisers Ehgemahl,
Und führte den stolzen Ritter
    in einen dunklen Saal.

Da dachte in seinem Sinne
    der Kaiser unmuthvoll:
Ist das die Zucht und Treue,
    davon ihr Lob erscholl?
Sie hält mich für den Ritter
    und führt mich in's Gemach,
Heimlicher Minne zu pflegen -
    deß soll ihr werden Schmach!

Zu einem dunklen Raume
    schritten sie herein,
Da drangen von allen Seiten
    viele Zofen auf ihn ein,
Sie schlugen ihn mit Stöcken
    und Stangen bis auf's Blut,
Er war in seinem Sinne,
    ich wähne, mißgemuth.

In tugendlichem Zürnen
    sprach die hohe Frau:
Nun laßt nicht nach im Schlagen,
    schlagt ihn braun und blau;
Wir wollen ihm gewähren
    was seiner Minne frommt,
Daß er in schlimmem Begehren
    nicht fürder zu mir kommt!

Es waren aber die Zofen
    lauter verkleidete Mannen,
Die schon in manchem Strauße
    hoher Ehre viel gewannen;
Mit ihren starken Kräften
    schlugen sie ihn nieder -
Nimmer fuhr dem Kaiser
    solcher Schmerz durch seine Glieder!

Er suchte zu entfliehen,
    kaum konnte er noch stehn,
Man hatte schlimmere Schläge
    nimmer wohl gesehn!
Er wand sich wie ein Wurm,
    er kroch wie eine Schlange -
Nimmer vor Frauentugend
    ward einem Mann so bange!

Bald aber ging die Märe
    durch alles deutsche Land,
Da wurde mit hohem Ruhme
    der Kaiserin Tugend bekannt.
In seinen Schmerzen fühlte
    der Kaiser selber Reue,
Nie hat er wieder gezweifelt
    an deutscher Frauen Treue!


  Friedrich von Bodenstedt . 1819 - 1892






Gedicht: Wie der Kaiser die Kaiserin versucht

Expressionisten
Dichter abc


Bodenstedt
Aus der Heimat ...

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Wie der Kaiser die Kaiserin versucht, Friedrich von Bodenstedt