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Friedrich von Bodenstedt
Aus
der Heimat und Fremde . 1856/1859
Genügsamkeit
Mir dient das ganze Morgenland
Dich zu ergötzen, Dich zu schmücken -
Es kann zum Kranz Dir meine Hand
Die farbenreichsten Blumen pflücken.
So manche frische Rose blüht
Mir ihren duft'gen Hauch entgegen;
Es strahlt der Mond, die Sonne glüht
Des Morgenlands, mir auch entgegen.
Bochara sendet Narden mir,
Und Perlen senden mir die Meere -
Ich winke - und es tanzt vor Dir
Die leichtgeschürzte Bajadere.
Duftwasser, Oele, Honigseim,
Laß ich durch meine Verse fließen -
Es ist kein Harem so geheim
Sich meinem Liede zu verschließen!
Die Quellen die empor vom Thal -
Und die vom Berge niederspringen:
Ich lasse sie, im Sonnenstrahl
Schimmernd, durch meine Lieder springen.
Die Nachtigall von Schiras schlägt
Mir herzverwandten Tons entgegen -
Was blüht und klingt und Lust erregt:
Ich kann es Dir zu Füßen legen!
Doch thu' ich's nicht! - Wozu der Tand?
Ich will die Schönheit nicht entweihen:
Es kann das ganze Morgenland
Dir keinen würdgen Schmuck verleihen!
Vollkommen ist Dein stolzer Wuchs,
Geist, Anmuth strahlt aus Deinen Zügen:
Dein Leib bedarf nicht fremden Schmucks,
Mag sich in Schönheit selbst genügen!
Wem ist die Sonne nicht hell genug,
Daß er durch Kunst sie noch verkläre?
Wem nicht am Schönheitsquell genug,
Daß er noch Flitterstaat begehre?
Drum fort mit all dem Firlefanz! -
Bei Dir, Du herrlichste der Frauen,
Will ich nicht fremden Schmuck und. Glanz,
Will ich nur Dich - Dich selbst nur schauen!
Friedrich
von Bodenstedt . 1819 - 1892
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