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Friedrich von Bodenstedt
Aus
der Heimat und Fremde . 1856/1859
XXIX.
Nach Wordsworth.
Kein schönres Antlitz kann der Abend zeigen.
Still ist die heilige Zeit wie eine Nonne
Die athemlos vor Anbetung; die Sonne
In Majestät beginnt herabzusteigen.
Du siehst den Himmel sich zur Erde neigen,
Horch auf, es naht der Herr in seinen Gluten,
Sein ewiger Hauch bewegt des Meeres Fluten,
Endloser Donner folgt dem tiefen Schweigen.
Geliebtes Kind, läßt auch Dein Blick nicht lesen
Daß dies erhabne Schauspiel Dich bewegt:
Nicht minder göttlich ist darum Dein Wesen -
Du wandelst immer auf geweihten Bahnen,
Da stets Dein Herz den Himmel in sich trägt -
Mit Dir ist Gott, auch wenn wir es nicht ahnen.
Friedrich
von Bodenstedt . 1819 - 1892
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