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Friedrich von Bodenstedt
Aus
der Heimat und Fremde . 1856/1859
Sonne und Sterne
Wohl ist es blendend, wenn ich spät
Durch Tiflis' krumme Straßen gehe,
Und rings, wohin das Auge späht,
Ein Labyrinth von Schönheit sehe.
Viel schlanke Jungfraun, weiß umhüllt,
Gespensterhaft vorüberschweben,
Die Dächer und Balkone füllt
Ein glänzend, zauberbuntes Leben.
Bald wird das Dach zum Piedestal,
Geschmückt mit Grusiens jungen Schönen -
Bald gleicht es einem offnen Saal,
Belebt von Tanz und Saitentönen.
Und Schleier flattern, Tücher wehn,
Es rauschen seidene Gewänder;
Auf Dächern und Balkonen stehn
Die Fraun, gedrängt bis an's Geländer.
Von Oben und von Unten bricht
Ein zitternd Leuchten durch das Dunkel:
Dort - Grusiens helles Sternenlicht,
Hier - dunkler Augen Sterngefunkel!
Daß man nicht weiß, geblendet ganz
Von all dem strahlenden Gewimmel,
Wo lieblicher der Sterne Glanz:
Ob auf der Erde, ob am Himmel? -
Doch fürchte nichts! ob ich auch spät
Durch Tiflis' krumme Straßen gehe,
Und rings, wohin das Auge späht,
So viele schmucke Mädchen sehe!
Im Herzen lebst Du doch allein!
Du bist die Sonne - sie die Sterne;
Ich freue mich am Sternenschein
Nur wenn der Glanz des Tages ferne...
Friedrich
von Bodenstedt . 1819 - 1892
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