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Gottfried August Bürger
Gedichte . 1789



Minnesold

Wem der Minne Dienst gelinget,
O wie hoch wird der belohnt!
Keinen bessern Lohn erringet,
Wer dem größten Kaiser frohnt.
Denn, mit Scepter, Kron' und Gold,
Frohnt er selbst um Minnesold.

Was sind Gold und Edelsteine?
Was des Mogols Perlenpracht?
Minnesold ist doch alleine,
Was auch reich die Herzen macht.
Perlen, Edelstein und Gold
Nähm' ich nicht für Minnesold.

Minnesold läßt Amt und Ehren,
Goldnen Sporn und Ritterschlag,
Lässet ohne Neid entbehren,
Was der Kaiser geben mag.
Ehre lacht nicht halb so hold,
Als der Minne Freudensold.

Nimmer, nimmermehr hienieden
Fänd' ich süßeren Genieß.
Süßeres ist nur beschieden
Seligen im Paradies.
Süß ist, was die Biene zollt;
Süßer dennoch Minnesold.

Minnesold ist aller Freuden,
Aller Freuden Fünftelsaft;
Minnesold hat aller Leiden,
Aller Leiden Heilungskraft.
Was der Balsamstaud' entrollt,
Heilet nicht, wie Minnesold.

Minnesold lehrt frey verachten
Aller Fährlichkeiten Noth,
Flammen, Wasserfluthen, Schlachten,
Lehrt verschmähen jeden Tod.
Stürb' ich nicht für Ehr' und Gold,
Stürb' ich doch für Minnesold.

Auszuspenden alle Habe,
Zu verbluten mit Geduld,
Wär' ein Schärflein Armengabe,
Für der Minne Dank und Huld.
Den Verlust von Gut und Blut
Macht der Sold der Minne gut.

O, so will ich immer harren,
Immerdar, mit stetem Muth;
Im Decemberfrost erstarren,
Schmachten in des Heumonds Gluth.
Denn das alles lohnt der Sold,
Den getreue Minne zollt.


  Gottfried August Bürger . 1747 - 1794






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Minnesold, Gottfried August Bürger