162 Bücher
|
Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Der Schwertfeger von Damascus
Ein hoher Gast trat heut' in meine niedre Schmiede,
Der Fürst der Gläubigen, der tapfre Abbasside!
In mein Gewölbe schritt der bärtige Kalif!
Sein glänzendes Gefolg sah man mein Haus umringen;
Er aber wählte sich die schärfste meiner Klingen
Mit diamantbesetztem Griff.
Die Waffe ließ er sich an seinen Gürtel binden,
Und sprengte sausend dann die grünen Tamarinden,
Den Sonnenschirm des Markts, entlang mit seiner Schaar.
Der Staub des Weges flog, gefegt von Stutenbäuchen;
Der Reiter Ferse saß in den beschäumten Weichen
Und Staunen faßte den Bazar.
Ich kreuzte demuthvoll auf meiner Brust die Arme,
Und sah vor meiner Thür' dem kriegerischen Schwarme
Bis an die Pforte nach, die gen Aleppo führt:
"O mächtiger Prophet, beschütze deinen Enkel,
Und gib, daß lange noch die Stärke seiner Schenkel
Sein Beduinenroß regiert!
Und du, mein krummer Stahl, leb' wohl! aus meiner dunkeln
Werkstatt ziehst du hinaus! In Schlachten wirst du funkeln!
Bald klirrst du, wo dein Blitz ein Volk von Reitern lenkt!
Da schwärmen durch den Sand spießwerfende Geschwader;
Den wilden Rossen schwillt vor Kampflust jede Ader,
Und alle Zügel sind verhängt.
Da siehst du, zahllos wie der Sand, auf den sie treten,
Des Feindes Heere nahn den Kindern des Propheten.
Durch unsre Reihen fliegt anordnend der Wessir.
Noch wartet der Kalif. - Da schmettern die Fanfaren,
Und seine Linke läßt den Zaum des Hengstes fahren,
Und seine Rechte fährt nach dir.
Dann schwelgst in Blute du, geführt von der geballten
Kalifenfaust, und dampfst, und züngelst aus den Falten
Des Aermels, der die Hand des Mächtigen bedeckt,
Wie in Arabien und auf den öden, flachen
Sandstrecken Soristans auf eines Schakals Rachen
Die blutgetränkte Zunge leckt.
Dann zuckst du himmelan, wie eine rothe Flamme,
Bei deren Lodern Nachts ein Dichter seinem Stamme
Von Geuien und Feen erzählt am rothen Meer.
Und diese Flamme, die den Orient entzündet,
Und bald im Occident des Ostens Macht verkündet -
Aus meiner Esse stammt sie her!"
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
|
|