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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Drei Strophen
Vernehmt ein wildes, kurzes Lied! im Raume vor der Sonne steht
Ein Cherub; schweigend staunt er an das All; sein Schweigen ist Gebet.
Die ew'ge Sonn' ist sein Altar; ihr Glühn ist Opferflammengold!
Die Sterne sind der Rosenkranz, der durch die Hand des Engels rollt.
Wie aus der Hand des betenden Rechtgläub'gen die Koralle fällt,
So fällt aus dieses Cherubs Hand ins Bodenlose Welt auf Welt.
Sie rollen seit Jahrtausenden auf ihrer diamant'nen Schnur:
Die fliegenden Korallen sind's vom Uranus bis zum Merkur.
Wie sich der ew'gen Lampe Schein in Rosenkranzkorallen bricht,
So strahlt der Weltkorallenkranz in des Altars, der Sonne, Licht;
Bis, Hütens und Gebetes satt, der ernste Cherub sich empört:
Weit von sich schleudert er den Kranz; der Sonnentempel ist zerstört.
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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