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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Ein Flüchtling
In einem meiner Träume sah
Auf schweißbedecktem Rosse
Einen Reiter ich, wie toll verfolgt
Von seiner Feinde Trosse.
An seinem Speer das Fähnlein war
Zerrissen, voller Löcher;
Doch straff war seine Senne noch,
Und voll noch war sein Köcher.
Und keck im schärfsten Jagen noch
Rückwärts im Sattel wandt' er
Und warf er sich, und manchen Pfeil
Ins Herz der Feinde sandt' er.
Da stürzte der aufs Mähnenhaar,
Der sank aufs Kreuz dem Pferde,
Der andre mit dem Haupte gar
Schlug nachgeschleift die Erde.
Wohl ritt der Reiter nun im Schritt,
Zog aus die Stahlhandschuhe,
Doch dacht' er, als er weiter ritt:
"Der Teufel hol' die Ruhe!
Und solch ein Reiten, zahm und sacht,
Als wär' mein Gaul ein blinder!
Verfolger, die ich schlug, erwacht!"
So er, und ich nicht minder:
"O Lieb', o Grimm, o Schmerz, o Lust!
Laßt brausen eure Wogen!" -
Ich habe leider lange schon
Die Handschuh ausgezogen.
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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