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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Für Schillers Album bestimmt gewesen
Nun kommen sie aus aller Welt,
Die leichten Dichterboten.
Von wannen flattert nicht ein Blatt
Ins Buch des großen Todten?
Und wer jetzt durch die Sierren schweift
Und wählt sich zum Gesandten
Ein Lied, der hüllt es ein in Flor
Vom Sarge des Infanten.
Und wer durch Frankreich zieht, der tritt
Zu Dom Remy's Altare,
Und sendet einen Kranz vom Baum
Des Mädchens der Loire.
Und wer in Welschland jetzo weilt,
Schickt Lorbeern von Messina,
Und einen frisch gehau'nen Span
Vom Hause des Verrina.
Der Böhme meldet einen Gruß
Von Friedlands kühnen Rotten.
In England schrieb' ich mit dem Blut
Der Königin der Schotten;
Und in dem Land Helvetien
Stieg' ich zu Berg und schriebe
Vom Grütli es zum Todtenfest,
Wie ich den Todten liebe.
Ich bin nicht, wo der Rhein entspringt
Im hohen Land des Schächen;
Ich wohne tief, wo lässig er
Verrinnt in sand'gen Flächen.
Denn dieses sind am Ocean
Die abgefallnen Lande;
Geflattert hat die Aufruhrfahn'
Auf diesem Nebelstrande.
Und dieses ist der Pfeilebund,
Und dies sind die Provinzen;
In diesen Städten schaarten sich
Die Geusen um den Prinzen.
Noch spricht aus Steinen jener Geist,
Der da manch Herz zerfressen;
Ich hab' heut' Nacht bei Sturmeswehn
Vor Alba's Thür gesessen.
Ich wandelte durch Thore, die
Dem Spanier sich verschlossen;
Ich stand vor Thurm und Mauerwerk,
Vom Herzog einst beschossen.
Wie hier vordem ein Volk gekämpft,
Und wie ein Fürst gesündigt,
Das hat in ehr'ne Tafeln Er
Gegraben und verkündigt.
Von dieser Mauerringe Trotz
Zeugt Er mit mächt'gen Lauten;
Sie wissen es, sie danken's ihm,
Dem Todten die Ergrauten.
Und jeder Stein aus Thorgewölb',
Aus Mauern und aus Stiegen,
Ließ' freudig sich ins Fundament
Von Schillers Male fügen.
Der Kitt ist fest, der Weg ist weit. -
Mein Lied will sie vertreten:
Es ruh' im Mal, ein Mauerstein
Von den abtrünn'gen Städten!
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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