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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Piratenromanze
1.
Auf dem Decke der Gabarre
Liegt der Scheik der Christenhunde,
Die erloschene Cigarre,
Von Havanna in dem Munde.
O, wohl mochte die Cigarre,
Castilianer, dir verglimmen,
Da du hörtest zur Guitarre
Die holdseligste der Stimmen.
Angethan mit welscher Seide
Und mit Tüchern vom Hoangho,
Tanzt Juana, deine Freude,
Mit dem Bootsmann den Fandango.
Auf der leichten Füße Spitzen
Schwebt sie um die braunen Masten;
Ihres Gürtels Spangen blitzen,
Die mit Perlen eingefaßten.
Ihre Wange gleicht der Rose
In den Gärten von Sevilla;
Um die weißen Achseln lose
Weht und flattert die Mantilla.
Ihre Locken hält ein grünes
Netz; die beiden kleinen Mohren
Denken nicht des Tambourines;
Alles ist in Schaun verloren.
Auf den Raa'n, auf den Laffeten
Sitzt die Mannschaft wie gebannt;
Castagnetten und Trompeten
Statt der Lunten in der Hand. -
Die Guitarre nach dem Tanze
Reicht in Demuth ihr ein Mohr.
Glänzendes Auges die Romanze
Von dem Cid Campeador
Singt sie. Horch, von den Palästen
An dem Guadalquivir
Singt sie; von den nächt'gen Festen
Zu des Tambourins Geklirr;
Von der golfbespülten Zone,
Die das Fahrzeug bald ersteuert,
Wo der träge Lazzarone
Einen ew'gen Sonntag feiert.
Horch, von Roma, von Milano
Singt sie, wo Banditen streifen -
Capitano, Capitano!
Besser wär's, dein Schwert zu schleifen!
2.
Auf dem weiten Mittelmeere
Gilt des Muselmanns Gesetz!
Pfeilschnell rudert die Galeere,
Sklaven braucht der Markt von Fez!
Bei dem buhlerischen Tanze
Denken sie nicht an Abdallah.
Furchtbar schimmert Mahoms Lanze -
Dreht das Schiff! - Allah il Allah!
Eine Salve durch die Laken!
Rechte Hand am Säbelgriffe!
Rud'rer, werft die Enterhaken!
Bretter legt von Schiff zu Schiffe!
Stürzt hinein! der Säbel hacke,
Bis sie die Gewehre strecken!
Spritzt auch Blut auf eure Jacke -
Roth auf Roth macht keine Flecken! -
Groß ist Allah! - Starr, voll Wunden,
Liegt der Hauptmann bei den Todten.
Die Lebend'gen knien gebunden
Auf dem Deck, dem blut'gen, rothen.
Wie sie knirschen mit den Zähnen!
Ha! und dort weint Juanina!
Herrin, trockne deine Thränen
Mit dem bunten Tuch aus China!
In Marokko's sand'gem Thale,
Hinter ries'gem Palmenfächer,
In der Sonne gelbem Strahle
Schimmern des Seraglio's Dächer.
Was ist dieser Dritthalbmaster?
Traun, vor dir die Segel streicht er.
Morgen um fünftausend Piaster
Ist des Sultans Seckel leichter.
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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