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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Zwei Feldherrngräber
1.
Hier unter diesem Steine
Zur Seite des Portals
Verwesen die Gebeine
Des tapfern Generals.
Er ist im Kampf gefallen,
Zerschossen und zerfetzt;
In dieses Domes Hallen
Hat man ihn beigesetzt.
Hier hat man ihm erhoben
Ein prächtig Monument,
Daß Jedermann die Proben
Von seinem Muthe kennt.
Es ist ein ehr'ner Leue,
Mit krauser Mähne, fahl;
Der liegt und wacht mit Treue
Auf dem Piedestal.
Und unten ist zu lesen,
Gehauen in den Stein,
Wie groß der Mann gewesen,
Den dieses Grab schließt ein;
Wie mehr, als das Gekritzel
Der Feder, galt sein Schwert;
Die Schlachten und Scharmützel,
Wo er das Feld gekehrt;
Wie fortlebt im Gesange,
Was seine Faust gethan. -
Das deutet auch die Schlange
Am Fuß des Denkmals an.
Sie liegt, zu einem Runde
Gerollt, den glatten Schweif
Hinangekrümmt zum Munde:
Ein deutungsvoller Reif!
Wohl mag's dir nicht behagen
Hier in der Kirch', o Held!
Ein wurmzerfreßner Schragen
Dein Feldbett und dein Zelt.
Statt Predigt, Singen, Beten,
Geläut und Glockenschlag,
Vernähmst du gern Trompeten? -
Wart' bis zum jüngsten Tag!
2.
Bei diesen schlanken Bäumen,
Im feuchten Pisangschatten,
Magst du anjetzo träumen,
O Künstler der Maratten!
Im wilden Vorwärtstraben
Bist du vom Hengst geschossen;
Hier haben dich begraben
Die flüchtigen Genossen.
Es ist an dieser Stelle
Einsam und schauerlich;
Hier ringelt, bunt von Felle,
Die Abgottsschlange sich.
Sie wälzt sich auf dem Grunde,
Und zischt, den glatten Schweif
Gekrümmt zum gift'gen Munde:
Ein deutungsvoller Reif!
Ein Leu tritt aus den Büschen
Im Schmuck der gelben Mähne;
Flieht nicht der Feindin Zischen
Und ihre spitzen Zähne.
Auf's Grab legt sich der Wilde;
Starr liegt er auf den Sprossen,
Nicht ungleich einem Bilde,
Aus braunem Erz gegossen.
Es nähern sich vom Hügel
Zwei Reiter, gelb von Haut;
Sie richten sich im Bügel,
Der eine spricht halblaut:
"Siehst du den Löwen liegen,
Er hält am Grabe Wache.
Laß deinen Falben fliegen,
Und knirschend murmle: Rache!"
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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