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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Barcelona
nach Alfred de Musset
Wer, der auf Barcelona's Gasse
Mein Andalusisch Mädchen sah?
Wer sah sie stehn auf der Terrasse?
'S ist meine Löwin, meine blasse
Markesa d'Amaegui ja!
Für sie hab' ich mich oft gehauen,
Für sie Sonette gar gemacht!
Wie oft, ein Haar nur ihrer Brauen
Durchs Wehn des Vorhangs zu erschauen,
Hielt ich vor ihren Fenstern Wacht!
Mein ist sie, mein ist dieser Wangen,
Mein dieser Lippen lechzend Glühn!
Mein dieses Auge, schwarz verhangen
Von seid'nen Wimpern, mein die langen
Haarwellen, so ihr Hermelin!
Mein, mein ihr Hals, sehn sie die Wände
Des Schlafgemachs in üpp'ger Ruh;
Mein das Gewand um ihre Lende,
Mein ihre kleinen weißen Hände,
Und mein ihr Fuß im schwarzen Schuh!
O, wenn durch ihres Netzes Franzen,
Ihr Auge blitzt mit wildem Brand,
Bei allen Heiligen im ganzen
Castilien, man bräche Lanzen,
Zu rühren nur an ihr Gewand!
Beim Cid! man muß sie sehn im weißen
Nachtkleid, die prächtige Gestalt!
Man muß es sehn, dies Schlagen, Beißen,
Wenn unter Küssen, grimmigen, heißen,
Sie wüthend fremde Worte lallt!
Und, o! wie toll ist ihre Freude,
Wenn sie am Morgen singt und lacht!
Wenn, da just in des Strumpfes Seide
Ihr Füßchen schlüpft, ihr unterm Kleide
Des Leibchens straffer Atlas kracht!
Auf, Page, folge meinen Pfaden!
Hinaus mit Tambouringeklirr!
Heut' Abend will ich serenaden,
Daß fluchen sollen die Alcaden
Bis an den Guadalquivir!
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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