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Ferdinand Freiligrath
Gedichte . 1848



Die Nachtwache des Negers

nach Marceline Desbordes-Valmore

Die Sonn' der Nacht erhellt der Küste nackte Höhen;
O Herr, wie lange noch verziehen wir im Sand?
Sanft will ich tragen dich; o, reich' mir deine Hand!
Erwache, guter Herr! laß uns zu Menschen gehen!
Herr! seit drei Tagen schon sind deine Augen zu:
Schläfst immer du?

Sieh', der Platanenwald fiel nieder vor den Schritten
Des Sturms; das Schiff verschwand zertrümmert in der Flut.
Von deiner bleichen Stirn wusch ich das rothe Blut;
O komm! gern öffnen uns die Schwarzen ihre Hütten.
Herr! seit drei Tagen schon sind deine Augen zu:
Schläfst immer du?

Was du wohl träumen magst? dein Sklav' errieth es gerne.
O, lang währt dieser Traum! weicht er, wenn es am Strand
Hell wird? drückst du erwacht des treuen Dieners Hand?
Ja, wecken will ich dich, sobald nur fliehn die Sterne.
Herr! seit drei Tagen schon sind deine Augen zu:
Schläfst immer du?

Doch schon bescheint das Licht des Morgens das Gefieder
Der Möwe; lautlos trägt die See das Fischerboot.
Komm! - dein Gesicht ist kalt! - bleich! sonst war es doch roth!
O sprächst du! meinen Muth gäb' mir dein Sprechen wieder!
Herr! seit drei Tagen schon sind deine Augen zu:
Schläfst immer du?


  Ferdinand Freiligrath . 1810 - 1876






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