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Ferdinand Freiligrath
Gedichte
. 1848
Stanzen
nach
Alfred de Musset
O, wie gern im Abendstrahle,
Tief im Thale,
Seh' ich, einem Todtenmale
Ähnlich, schwarzer Münster Bau!
O, wie gern ich bei den finstern,
Hohen Münstern
Auf der Ritter Schwell' im Finstern
Kreuz und Weihekessel schau'!
Helm' ihr auf der Pyrenäen
Trutz'gen Höhen,
Alte Kirchen, Mausoleen,
Die kein Wetter je zerbricht;
Magre Türm', entfleischte Steine,
Die ihr keine
Zeit kennt, seid ihr die Gebeine
Staubgewordner Berge nicht?
O, wie lieb' ich euch, ihr Thürme!
Wie Gewürme
Winseln um euch her die Stürme,
Machtlos! - ihr steht hoch und fest.
O, wie lieb' ich euch, ihr Gänge!
Heil dir, enge
Stiege, deren Schoß die Klänge
Heil'ger Hymnen tönen läßt!
O, kommt der Orkan gefahren,
Treibt zu Paaren
Wald und Feld, faßt bei den Haaren
Das Gebirg mit Zorngeschrei:
Zwei granitne Bäume zwischen
Weh'nden Büschen
Stehn alsdann mit ihren Nischen
Die zwei Thürme der Abtei!
O, wie gern mit ihren Schilden
Und Gebilden
Mag ich abends sich vergülden
Dieser Thore Rosen sehn!
O, wie gerne mag ich schauen
Diese grauen
Heil'gen, die, aus Stein gehauen,
Leis für die Lebend' flehn!
Ferdinand
Freiligrath . 1810 - 1876
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