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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte
. 1825
Die glücklichen Gatten
Nach diesem Frühlingsregen,
Den wir, so warm, erfleht,
Weibchen! o! sieh den Segen,
Der unsre Flur durchweht.
Nur in der blauen Trübe
Verliert sich fern der Blick;
Hier wandelt noch die Liebe,
Hier hauset noch das Glück.
Das Pärchen weißer Tauben,
Du siehst, es fliegt dorthin,
Wo, um besonnte Lauben,
Gefüllte Veilchen blühn.
Dort banden wir zusammen
Den allerersten Strauß,
Dort schlugen unsre Flammen,
Zuerst, gewaltig aus.
Doch als uns vom Altare,
Nach dem beliebten Ja,
Mit manchem jungen Paare,
Der Pfarrer eilen sah;
Da gingen andre Sonnen
Und andre Monden auf,
Da war die Welt gewonnen,
Für unsern Lebenslauf.
Und hundert tausend Siegel
Bekräftigten den Bund,
Im Wäldchen auf dem Hügel,
Im Busch am Wiesengrund,
In Höhlen, im Gemäuer
Auf des Geklüftes Höh',
Und Amor trug das Feuer
Selbst in das Rohr am See.
Wir wandelten zufrieden,
Wir glaubten uns zu zwei;
Doch anders war's beschieden,
Und sieh! wir waren drei.
Und vier' und fünf' und sechse,
Sie saßen um den Topf,
Und nun sind die Gewächse
Fast all' uns übern Kopf.
Und dort, in schöner Fläche,
Das neu gebaute Haus
Umschlingen Pappelbäche,
So freundlich sieht's heraus.
Wer schaffte wohl, da drüben,
Sich diesen frohen Sitz?
Ist es, mit seiner Lieben,
Nicht unser braver Fritz?
Und wo, im Felsengrunde,
Der eingeklemmte Fluß
Sich, schäumend, aus dem Schlunde
Auf Räder stürzen muß.
Man spricht von Müllerinnen,
Und wie so schön sie sind;
Doch immer wird gewinnen
Dort hinten unser Kind.
Doch wo das Grün, so dichte,
Um Kirch' und Rasen steht,
Da, wo die alte Fichte
Allein zum Himmel weht;
Da ruhet unsrer Todten
Frühzeitiges Geschick,
Und leitet, von dem Boden,
Zum Himmel unsern Blick.
Es blitzen Waffenwogen
Den Hügel, schwankend, ab.
Das Heer, es kommt gezogen,
Das uns den Frieden gab.
Wer, mit der Ehrenbinde,
Bewegt sich stolz voraus?
Es gleichet unserm Kinde!
So kommt der Carl nach Haus!
Den liebsten aller Gäste
Bewirthet nun die Braut;
Sie wird, am Friedensfeste,
Dem Treuen angetraut;
Und zu den Feiertänzen
Drängt jeder sich herbei,
Da schmückest du mit Kränzen
Der jüngsten Kinder drei.
Bei Flöten und Schalmeien
Erneuert sich die Zeit,
Da wir uns einst, im Reihen,
Als junges Paar gefreut,
Und in des Jahres Laufe,
Die Wonne fühl' ich schon!
Begleiten wir zur Taufe
Den Enkel und den Sohn.
Johann
Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832
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