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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte
. 1825
Musen und Grazien in der Mark
O! wie ist die Stadt so wenig,
Laßt die Maurer künftig ruhn!
Unsre Bürger, unser König
Könnten wohl was Bessers thun.
Ball und Oper wird uns tödten;
Liebchen, komm auf meine Flur,
Denn besonders die Poeten,
Die verderben die Natur.
O wie freut es mich, mein Liebchen,
Daß du so natürlich bist;
Unsre Mädchen, unsre Bübchen,
Spielen künftig auf dem Mist!
Und auf unsern Promenaden
Zeigt sich erst die Neigung stark.
Liebes Mädchen! laß uns waden,
Waden noch durch diesen Quark.
Dann im Sand uns zu verlieren,
Der uns keinen Weg versperrt!
Dich den Anger hin zu führen,
Wo der Dorn das Röckchen zerrt!
Zu dem Dörfchen laß uns schleichen,
Mit dem spitzen Thurme hier;
Welch ein Wirthshaus sonder gleichen!
Trocknes Brod! und saures Bier!
Sagt mir nichts von gutem Boden,
Nichts vom Magdeburger Land!
Unsre Samen, unsre Todten,
Ruhen in dem leichten Sand.
Selbst die Wissenschaft verlieret
Nichts an ihrem raschen Lauf;
Denn bei uns, was vegetiret,
Alles keimt getrocknet auf.
Geht es nicht in unserm Hofe
Wie im Paradiese zu?
Statt der Dame, statt der Zofe
Macht die Henne Glu! glu! glu!
Uns beschäftigt nicht der Pfauen,
Nur der Gänse Lebenslauf;
Meine Mutter zieht die grauen,
Meine Frau die weißen auf.
Laß den Witzling uns besticheln!
Glücklich, wenn ein deutscher Mann
Seinem Freunde, Vetter Micheln,
Guten Abend bieten kann.
Wie ist der Gedanke labend:
Solch ein Eder bleibt uns nah!
Immer sagt man: gestern Abend
War doch Vetter Michel da!
Und in unsern Liedern keimet
Sylb' aus Sylbe, Wort aus Wort.
Ob sich gleich auf Deutsch nichts reimet,
Reimt der Deutsche dennoch fort.
Ob es kräftig oder zierlich,
Geht uns so genau nicht an;
Wir sind bieder und natürlich,
Und das ist genug gethan.
Johann
Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832
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