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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte
. 1825
Trost in Thränen
Wie kommt's, daß du so traurig bist,
Da alles froh erscheint?
Man sieht dir's an den Augen an,
Gewiß du hast geweint.
"Und hab' ich einsam auch geweint,
So ist's mein eigner Schmerz.
Und Thränen fließen gar so süß,
Erleichtern mir das Herz."
Die frohen Freunde laden dich,
O! komm an unsre Brust!
Und was du auch verloren hast,
Vertraue den Verlust.
"Ihr lärmt und rauscht, und ahnet nicht,
Was mich den Armen quält.
Ach nein! Verloren hab' ich's nicht,
So sehr es mir auch fehlt."
So raffe denn dich eilig auf,
Du bist ein junges Blut.
In deinen Jahren hat man Kraft,
Und zum Erwerben Muth.
"Ach nein! erwerben kann ich's nicht,
Es steht mir gar zu fern.
Es weilt so hoch, es blinkt so schön,
Wie droben jener Stern."
Die Sterne, die begehrt man nicht,
Man freut sich ihrer Pracht,
Und mit Entzücken blickt man auf
In jeder heitern Nacht.
"Und mit Entzücken blick' ich auf,
So manchen lieben Tag,
Verweinen laßt die Nächte mich,
So lang' ich weinen mag."
Johann
Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832
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