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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte
. 1825
Rettung
Mein Mädchen ward mir ungetreu,
Das machte mich zum Freudenhasser;
Da lief ich an ein fließend Wasser,
Das Wasser lief vor mir vorbei.
Da stand ich nun, verzweifelnd stumm;
Im Kopfe war mir's wie betrunken,
Fast wär' ich in den Strom gesunken,
Es ging die Welt mit mir herum.
Auf einmal hört' ich was, das rief -
Ich wandte just dahin den Rücken -
Es war ein Stimmchen zum Entzücken:
"Nimm dich in Acht! der Fluß ist tief."
Da lief mir was durch's ganze Blut,
Ich seh', so ist's ein liebes Mädchen;
Ich frage sie: wie heißt du? "Käthchen!"
O schönes Käthchen! du bist gut.
Du hältst vom Tode mich zurück;
Auf immer dank' ich dir mein Leben;
Allein das heißt mir wenig geben,
Nun sey auch meines Lebens Glück!
Und dann klagt' ich ihr meine Noth,
Sie schlug die Augen lieblich nieder;
Ich küßte sie und sie mich wieder,
Und - vor der Hand nichts mehr von Tod.
Johann
Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832
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