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Franz Grillparzer
Gedichte . 1872



Decemberlied

Harter Winter, streng und rauh,
Winter, sei willkommen!
Nimmst du viel, so gibst du auch,
Das heißt nicht genommen.

Zwar am Aeußern übst du Raub,
Zier scheint dir geringe,
Eis dein Schmuck, und fallend Laub
Deine Schmetterlinge;

Rabe deine Nachtigall,
Schnee dein Blüthenstäuben,
Deine Blumen, traurig all'
Auf gefrornen Scheiben.

Doch der Raub der Formenwelt
Kleidet das Gemüthe,
Wenn die äußere zerfällt,
Treibt das Inn're Blüthe.

Die Gedanken, die der Mai
Locket in die Weite,
Flattern heimwärts, kältescheu,
Zu der Feuerseite.

Sammlung, jene Götterbraut,
Mutter alles Großen,
Steigt herab auf deinen Laut
Segen - übergossen.

Und der Busen fühlt ihr Wehn,
Hebt sich ihr entgegen,
Läßt in Keim und Knospen sehn,
Was sonst wüst gelegen.

Wer denn heißt dich Würger nur?
Du flichtst Lebenskränze,
Und die Winter der Natur
Sind der Geister Lenze.


  Franz Grillparzer . 1791 - 1872






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