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Franz Grillparzer
Gedichte . 1872



Kaiser Josefs Denkmal

(1842.)

Laßt mich herab von dieser hohen Stelle,
Auf die ihr mich gesetzt zu Prunk und Schau,
Prunk, mir verhaßt, als noch die Lebenswelle
Durch diese Adern floß balsamisch lau.

Längst ist ja doch mein ird'scher Leib verwesen,
Und nun durch euch mein Geist getödtet auch,
Soll hören ich mein Urtheil hier verlesen
Von hoher Bühne, wie's bei Sündern Brauch?

Was ich geschaffen, habt ihr ausgereutet,
Was ich gethan, es liegt durch euch im Staub,
Die Zeit wird lehren, was ihr ausgebeutet,
Mich wählt zum Hehler nicht für euren Raub!

Mir war der Mensch nicht Zuthat seiner Röcke,
Als Kinder, Brüder liebt' ich alle gleich;
Ihr theilt die Schaar in Schafe und in Böcke,
Und mit den Böcken nur erfreut ihr euch.

Und über meine Völker, vieler Zungen,
Flog hin des deutschen Adlers Sonnenflug,
Er hielt, was fremd, mit leisem Band umschlungen,
Vereinend, was sich thöricht selbst genug.

Den Spiegel deutscher Lehr' in Kunst und Wirken,
Trug er, von keinem Unterschied gehemmt,
Bis zu den letzten dämmernden Bezirken,
Wo noch der Mensch sich selbst und andern fremd.

Nun aber tönt's in wildverworrnen Lauten,
Wie Trotz und Rohheit sie der Menge beut,
Dem Thurme gleich, den sie bei Babel bauten,
In Folge deß die Menschen sich zerstreut.

Noch eines war, das habt ihr noch gehalten,
Bis diesen Tag, aus Trägheit, Furcht, wie Spott:
Der Glaube fand sich längst in sich gespalten,
Mir war er Eins, wie Recht, wie Mensch, wie Gott.

Und in der Brust dem innerlichsten Leben,
Vergönnt' ich Jedem seinen Weihaltar,
Der Lüge ist die äußre Welt gegeben,
Im Innern sei der Mensch sich selber wahr.

Greift noch an dieß! Die heil'ge Ueberzeugung,
Macht wieder sie zum leeren Formenspiel,
Der überirdisch unerklärten Neigung
Setzt ihr ein selbstgemachtes rohes Ziel.

Entfaltet wieder sie, die schwarzen Fahnen,
Die meine fromme Mutter schon verhüllt,
Den guten Enkel, macht ihn gleich dem Ahnen,
Der, frommgetäuscht, die Welt mit Mord erfüllt.

Thut's, denn ihr wollt's! - Mich aber laßt von hinnen,
Treibt nicht mit meinem heil'gen Namen Scherz!
Man ehrt den Mann, verehrend sein Beginnen,
Bracht ihr mein Werk, zerbrecht auch dieses Erz!

Doch brächet ihr's in noch so kleine Trümmer,
Es kommt der Tag, der wieder sie vereint,
Und einst bei frühen Morgens erstem Schimmer,
Eh' noch ein Strahl die Kaiserburg bescheint;

Wenn ihr euch wälzt in schlummerlosen Träumen,
Weil Boten brachten blut'gen Krieges Wort,
Getäuschte Freunde mit der Hülfe säumen
Und Stürme herziehn vom beeis'ten Nord;

Wenn Art und Stamm das eigne Volk entzweien,
Getrennter Zweck sie scheidet hie und dar,
Streitsücht'ge Pfaffen ihre Gläub'gen reihen
Um ihren, nicht des Vaterlands, Altar,

In Scham sich eurer Heere Stirnen malen
Ob ihres Führers, den die Gunst berief,
Der Schatz nur reich an Ziffern und an Zahlen,
Der Schuldbrief aufgelöst in Schuld und Brief.

Hört ihr es dann in gleichgemessnen Tönen
Durch Straßen, schweigend noch von Volkes Ruf,
Auf funkensprühendem Granit erdröhnen
Wie eines ehrnen Rosses Wechselhuf:

Dann denkt, es naht der jüngste eurer Tage,
Der todte Kaiser kam zurück ans Licht,
Und mit der Weltgeschicke Demant-Wage,
Geh' ich mit meinen Enkeln zu Gericht.


  Franz Grillparzer . 1791 - 1872






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