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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
An den Frühling
So willst du wieder blüh'n und singen
All' deiner Wonnen süßes Leid?
Mir wieder durch die Seele dringen
Du wunderbare Frühlingszeit?
Ich sah dich erscheinen schon manches Mal,
Ich hörte dein Rauschen im kühlen Thal
Und nie empfand ich der Sehnsucht Weh
Wie diesmal je!
Das macht, sonst bist d' allein gekommen
Zum grünen Busch, zum frischen Quell,
Hast mich als Bruder aufgenommen,
Ein lieber, fröhlicher Gesell;
Wir haben zusammen geträumt und gelacht; -
Doch diesmal hast du Sie mitgebracht:
Nun weiß ich nimmer, wer von euch Zwei'n
Mag Frühling sein?
Ja, zweifeln muß ich, tief im Herzen
An deiner Herrschaft, zürne nicht!
Dieweil dein Sang nicht mehr mit Scherzen,
Weil er in Wehmuth zu mir spricht.
Und strahlet ihr Blick aus dem Lockenhaar,
Da fühl' ich es bebend, da seh' ich klar:
Der wahre Frühling, er lächelt mir
Doch nur in Ihr!
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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