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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Auf der Reise
1.
Da ich ein Schreiben sende
An die Geliebte mein,
So tauch' ich wohl die Hände
In Abendthau hinein;
Beschreib' auf blauem Bogen
Im weiten Sternenzelt,
Wie sehnsuchtvolles Wogen
Mir Herz und Seele schwellt.
Wie Lust gepaart mit Schmerze
Des Busens Haus bewohnt; -
Es leuchtet mir als Kerze
Der bleiche feuchte Mond.
Schon wimmelt es von Lettern
Am Himmel hoch und tief;
Geheimer Liebe Göttern
Vertrau' ich meinen Brief.
Die Erde ist der Bote,
Sie rollet gar so schnell;
Da wird von Morgenrothe
Des Liebchens Kammer hell;
Da weckt aus sanftem Traume
Sie banger Ahnung Trieb,
Sie lies't am Himmelssaume,
Was in der Fern' ich schrieb.
2.
Ich hab' es ihr verschämt gestanden,
Daß ich sie liebe heißentbrannt,
Und habe mich zu diesen Banden
Als einem Ehrenband bekannt.
Sie hat es lächelnd hingenommen
Und hat mich fragend angeschaut.
Wär' ich zu Worte nur gekommen,
Ich hätt' ihr wohl noch mehr vertraut.
Ich bin doch sonst nicht von den Feigen,
Doch starb im Munde mir das Wort;
Jetzt aber muß ich freilich schweigen,
Denn ich bin hier, - und sie ist dort.
3.
Als sie mir ihre Hand gegeben
Zum ersten Mal,
Drang in mein nachterfülltes Leben
Ein Hoffnungsstrahl. -
An ihrem Auge hing das meine,
Von Thränen schwer;
Sie ging davon, ich blieb alleine:
Die Welt ist leer.
Wohl hat sie mir die Hand gegeben
Zum letzten Mal,
Und wehe mir, es war auch eben
Zum ersten Mal.
4.
Grünender Hügel
Was lachst du so hell?
Buntes Geflügel,
Was fliegst du so schnell?
Blümlein was blüht ihr
Auf grünender Au'?
Bächlein, was zieht ihr
So tief, so blau?
Hügel, umschling' dich
Mit Wintergewand!
Vogel, o schwing' dich
In fremdes Land!
Blumen, verflieget
Den Winden ein Hohn,
Bächlein, versieget! -
Sie ging davon.
Blumen und Hügel
Wohl bleiben am Ort,
Haben nicht Flügel
Und können nicht fort.
Vögel und Bäche
Auf, eilet zu ihr;
Jegliches spreche:
Er schickt mich Dir!
5.
Daß sie mir gut sei, hat sie nicht gesagt,
Daß sie mich hasse, will ich noch nicht glauben;
So bin ich muthig bald und bald verzagt,
Denn jeder Tag kann mir die Hoffnung rauben.
Ihr Lieder, nehmt mein Herz auf eure Flügel,
Zu der Holdsel'gen tragt es ehrlich hin;
Es lenkt Erinnerung den Rosenzüge.
Es treibt euch an ein vielgetreuer Sinn.
Lauscht, was sie sagt? Ich könnt' ihn schon verschmerzen,
Des Zornes, wie der Kälte Todesblick.
Bringt, Lieder, Kunde mir von ihrem Herzen:
Mein Herz, ihr Lieder, bringt mir nicht zurück.
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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