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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Deutsche Einigkeit
Sei stolz mein Deutschland! zweifle nicht,
Was auch der Zweifler spottend spricht,
An deiner inner'n Einheit Kern,
An deiner Zukunft hellem Stern!
Durch viele Grenzen, kreuz und quer,
Geschieden zwar wer weiß wie sehr,
Belebt dich doch, trotz Raum und Zeit,
Der Pulsschlag deutscher Einigkeit;
Es waltet doch ein Geist in dir;
Ein deutscher Geist; dem huld'gen wir.
Das wurde mir auf's Neue klar,
Als zarter Sinn das hohe Paar
Der Dichter, von des Bildners Hand
Kunstreich geformt, mir zugesandt;
Als Göthe, Schiller, treugesellt,
Vom Lampenschimmer sanft erhellt,
In ihrer heit'ren Würde Macht
Die jüngstvergang'ne Mitternacht
Zur Feierstunde mir geweiht,
Durch ihre Doppel-Einigkeit.
Die Freunde, die Gott fest verband,
Daß sie, sich fördernd, Hand in Hand
Dem Höchsten siegreich nachgestrebt,
Daß Einer jetzt im Andern lebt,
Daß Freund im Freunde sich ergänzt,
Des Einen Haupt der And're kränzt;
Ja, daß auf ewig ungetrennt,
Nie ohne Jenen Diesen nennt
In wahrem, echtem, deutschem Bund',
Voll Dankbarkeit des Volkes Mund.
O des beglückenden Verein's:
Sie waren Zwei und sind doch Ein's!
Und wie auf mich herab sie schau'n,
Ist mir, als müßt' ich froh vertrau'n;
Was auch der Zweifler spottend spricht,
Sei stolz mein Deutschland, zweifle nicht;
Verzweifle nicht bei trüber Zeit
An deiner innern Einigkeit!
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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