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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Hannover,

in der Nacht vom 16. Februar 1847.

Zwei Stunden wahrlich wie auf glüh'nden Steinen;
Ein heißer Abend war's! Doch nun daheim
Will er mir lieblich zauberhell erscheinen,
Aus voller Brust entquillt des Liedes Reim,
Daß es in heit' ren Klängen sich bewege,
Eh' ich beruhigt mich zur Ruhe lege.

Wie oft hab' ich am kleinen Tisch gesessen,
Zwei Kerzen vor mir, auf dem Pult das Buch,
Hab' lesend in Begeisterung vergessen
Des Daseins Noth, der Prosa Spott und Fluch,...
Was Künstler quält!.. Doch heut' gelang dies wenig:
Zwei Schritte von mir saß der alte König.

Ernst-August neben mir! Ich ärmster aller
Poeten auf dem großen Erdenrund,
Im Land der Kunst ein staubbedeckter Waller,
Mit einem Wort gesagt: ich Vagabund,
Ich im Pallast, die Majestät daneben, -
Wir hätten uns die Hände können geben.

"Der Herrscher mit dem eisenfesten Willen,
Der jugendlich That-Kraft-gewalt' ge Greis!"
Das wiederholt' ich ängstlich mir im Stillen;
Es brachte mich beinah' aus meinem Gleis'
Und immer sah ich: "Göttingen" und "Sieben" -
Als stände das im Buch, vor mir, geschrieben.

Da fiel mein Blick vom Greise mit der Krone
Auf das in Anmuth blüh'nde Fürstenpaar.
Vom strengen Vater zum huldreichen Sohne
Mich wendend, wurde mir erst wieder klar,
Weshalb ich hier sei, was der Zweck verlangte,
Und ich begann, ob mir ein Bischen bangte.

Wie ich begann? vermag ich kaum zu sagen,
Doch wirkte Rührung, wirkte leichter Scherz;
Den Saal erfüllte freundliches Behagen,
Es drang zuletzt auch mir in's eig'ne Herz,
Daß ich des droh'nden Nachbars nicht mehr dachte,
Und meine Sachen schier erträglich machte.

Als nun die Sitzung glücklich aufgehoben
Und sich der Hof in buntem Wirbeldreh'n
Um Ihn gebückt, geschaart, gedrängt, geschoben,
Gleich Sternen die um ihre Sonne geh'n,
Da wollt' ich mich, vom Strahlenglanz geblendet,
Verlieren; - doch nicht also hat's geendet.

Denn während ich der Sonne mich entzogen,
Die dort in Herrscherherrlichkeit gethront,
Begrüßte mich holdselig und gewogen
Mit seinem sanften milden Schein der Mond
Und lockte mich aus drückend schwerer Schwüle
In sommernächt'ge, frisch-belebte Kühle.

Nicht wie ein Prinz für's Königthum geboren,
Der sich von andern Menschen sorgsam trennt,
Nein, wie wer sich die Dichtkunst auserkoren
Zur Freundin, ihre Meister liebt und kennt,
Verständig, gütig, froh ist mir erschienen,
Dem einstmals wird Ernst-Augusts Hofstaat dienen.

Heil dir Hannover! Diese Worte singen
Mich heut' in Schlaf. Mein Tagwerk ist vollbracht.
Sie sollen mir im Traume wiederklingen,
Euch Gönnern, Freunden sind sie dargebracht;
Pilgr' ich getrennt von Euch durch graue Weiten,
Sie werden mich als Wahlspruch treu geleiten.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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