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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Heil dem Könige!
Zwölf Lieder für Friedrich
Wilhelm den Dritten.
Berlin 1831.
1.
Tön' o Lied, das Ihn besinge,
Töne freudig durch das Land;
Stolzen Fluges steig' und schwinge
Dich empor, zum Licht gewandt.
Deine Heimat ist dort Oben,
Preußens Heimat ist das Licht;
Preußens Herrscher sollst du loben;
Rede Lied und zage nicht!
Rausche kühn durch Eichenhaine,
Säus'le wo die Rose blüt,
Jauchze wo am alten Rheine
Weines Blut auf Bergen glüht.
Ueberall, o Lied, erklinge,
Wo sich Preußens Adler hebt,
Froh mit ihm Dich aufwärts schwinge,
Weil er auch zum Himmel strebt.
2.
Es sitzen auf den Thronen
Die Herrscher in der Welt,
Um ihre Häupter Kronen,
Die Wachen aufgestellt;
Und sind von Pracht umglänzet,
Von Seiden, Gold und Stern;
Doch keinen Andern kränzet
Die Krone uns'res Herrn.
Ein Reif ist's von drei Ringen,
Die fest verbunden sind,
Sich wechselnd tief durchdringen
Für Kind und Kindeskind.
Der erste Ring und echte,
(Kein Modering der Zeit,)
Das ist die wahre, rechte
Bescheid'ne Frömmigkeit.
Vom zweiten Ring erzählet
Die ganze künft'ge Zeit;
Im Feuer fest gestählet,
Es ist die Tapferkeit.
Der dritte Ring dagegen,
Vom Frieden eingeweiht,
Ward auch des Friedens Segen;
Er heißt Gerechtigkeit.
3.
Einst hatte Preußens Sonne sich
In Wolken eingehüllt
Und banger Ahnung Sorge lag
Auf jeder Brust; von hellem Tag
Nur eine Stadt erfüllt.
Da saß der Herr des Vaterland's,
Mit Ihm die Gattin Sein
Und Ihrer Kinder ganze Zahl;
Die Treuen auch, die eig'ner Wahl
Sich solchem Dienste weih'n.
Da lebten sie, bekümmert wohl,
An edlem Stolz' doch reich.
Voll Hoffnung sie zum Himmel seh'n,
Denn nimmermehr kann untergeh'n
Das heil'ge Königreich.
Gegründet steht's in Gottes Hand
Auf Volkes Lieb' und Treu'!
Gegründet steht's auf Ehr' und Ruhm,
Glück auf, du altes Preußenthum,
All' ewig bist du neu!
Das ganze Volk schaut muthig hin
Zum königlichen Kreis;
Aus ihm erzeugt sich Muth und Kraft,
Zu Helden wird die Ritterschaft,
Die dort ihr Vorbild weiß.
4.
Auch von Dir wird einst die Nachwelt sagen,
Theurer König, daß Du sehr gebeugt,
Dich mit tief-entquoll'nen Seelenklagen
Vor des Grabes Schmerzen hast geneigt.
Weinend, weinend warst auch Du zu schauen
Um des Landes Königin dereinst,
Um die holde Königin der Frauen.
Heil den Thränen, König, die Du weinst.
Denn aus allen Thränen, die entfließen
Einem guten Herrscher, gut wie Du,
Werden Palmen der Versöhnung sprießen
Und sie weh'n dem Lande Frieden zu.
Deine Thränen blieben uns zum Pfande,
Weil in Thränen recht der Mensch erscheint;
Als Du weintest, hat im ganzen Lande
Jedes Herz und Auge mitgeweint.
Ländern, Zeiten sollen sie bekunden
Diese Thränen, daß der tiefe Schmerz
Dich so fest mit Deinem Volk' verbunden:
Millionen Herzen für Dein Herz!
5.
Schmetternder Drommetenklang,
Muthdurchglühter Schlachtgesang!
Feuermeere flammt der Osten!
Laßt den Stahl nicht länger rosten,
Zieht bewaffnet in das Feld,
Kampfgerüstet Welt 'gen Welt.
Aber zweifelnd steh'n die Treuen:
Gilt's dem Alten? Gilt's dem Neuen?
Sollen wir die Kriegslust dämpfen?
Sollen wir uns selbst bekämpfen?
Was gedenkst Du, König, sprich,
Aller Augen seh'n auf Dich!
König, König hast gesprochen,
Hast dem Muthe Bahn gebrochen;
Sprachst zum Volke, sprachst zum Heer;
Jüngling, Knabe sucht die Wehr!
Zeit hat jene Zeit vertrieben,
Deine Worte sind geblieben!
Und geblieben, stark und mild,
Mir im Herzen ist Dein Bild,
Wie in Breslau's alten Mauern
Fürsten, Grafen, Bürger, Bauern
Alle wollten mit Dir geh'n! -
König, sprich, war das nicht schön?
Kamen an die jungen Schaaren,
Die schon halb gerüstet waren;
Preußen, Pommern, Brandenburg
Sangen: "Eine feste Burg..."
Daß dies Wort Dich stets erfreue!
Deine Burg ist uns're Treue.
6.
Des Blutes Quellen sind geflossen
So purpurroth auf Berg und Thal;
Der Preuße hat sie gern vergossen,
Nach seines Herzens eig'ner Wahl.
Die Quellen wuchsen an zum Meere,
Zum Meere das 'gen Himmel raucht,
Zum Meer', woraus dem Siegesheere
Der Friedensengel aufgetaucht.
Er schwingt sein strahlendes Gefieder:
"Ihr braven Krieger, kehrt zurück,
Und weidet an der Heimat wieder,
Der neuerrung'nen, euren Blick."
Sie ziehen heim, die tapfern Schaaren
Und, noch die Waffen in der Hand,
Betreten die erst Krieger waren,
Als fromme Bürger nun ihr Land.
Das ist ein Wirken, Treiben, Regen
In Wald und Flur, in Dorf und Stadt;
Die Fluren tragen reicher'n Segen,
Die heil'ger Krieg verwüstet hat.
Die grüne Trift, die frischen Saaten,
Des Lammes Vließ, der Berge Kern!
Ja, über Friedrich Wilhelms Staaten
Regiert mit Ihm ein guter Stern.
Die Künste feiern neue Feste,
Der Maler wie der Bildner schafft,
Es steigen Tempel auf, Palläste,
Frei walten darf die Wissenschaft.
Und die von Gott berufen waren,
Dem König ihren Arm zu leih'n,
Die Führer uns'rer wackern Schaaren
Sieht man geehrt in Erz und Stein.
So ist ein Denkmal steh'n geblieben
Von jenem schwer erkauften Sieg
Und uns'res Landes Männer üben,
Im blüh'nden Frieden stets den Krieg.
Glaubt nimmer, daß so duft'ge Blüte
Das inn're Heldenmark erschlafft.
Ein wahrhaft friedliches Gemüthe
Bewahrt Soldaten-Sinn und Kraft.
7.
Bekannt sind viele gute Fürsten,
Die würdig sind so großer Macht,
Und doch nach äußerm Scheine dürsten,
Nach Flitterglanz und Erdenpracht.
Man sieht sie rollen in Carossen,
Mit Laufern, Reitern und Lakai'n,
Gezogen von kostbaren Rossen,
Des Nachts bei Hellem Fackelschein.
Die Pracht gilt unserm Herren wenig,
Der immer schlicht des Weges zieht;
Doch jeder weiß: Das ist der König,
Denn es genügt, daß man Ihn sieht.
8.
Drei Sterne, die in klarer Flamme
Am hohen, blauen Himmel glüh'n;
Drei Rosen, die an einem Stamme
In schwesterlicher Eintracht blüh'n;
Drei Tauben, zart und weiß zu schauen,..
Stern, Rose, Taube sind wohl schön;
Doch schöner sind drei hohe Frauen,
Als Schwestern lieblich anzuseh'n.
Und ist ihr Vater in der Mitte
Der Töchter, rüstig noch und frisch,
Da lacht der Himmel ihrem Schritte
Und schmückt sie wahrhaft zauberisch.
Wie aber soll's der Sänger schildern,
Und wie beschreibt er es im Lied,
Wenn er in solchen heh'ren Bildern
Des eig'nen Königs Töchter sieht?
So sah ich Dich, Du Fürst der Gnade,
Verklärt in reinem Vatersinn
Und sah Dich selig, auf dem Pfade
Der Glück-gekrönten Kaiserin.
9.
Viermal kleidet sich das Jahr,
Viermal wechselnd immer,
Bringt des Frühlings Blüten dar,
Winters Schneegeflimmer,
Herbstes Frucht und Sommers Gluth;
Viermal - und so ist es gut.
Vierfach strömt des Himmels Hauch
Gegen Süden, Norden,
Gegen Osten, Westen auch
Eint sich zu Accorden,
Vierfach rauscht die Melodie
In der ew'gen Harmonie.
Viermal, vierfach ist die Zahl
Heil'ger Elemente:
Luft und Erde, Feuers Strahl,
Ob das Meer sie trennte,
Immer treu sind sie vereint,
Wo in Vieren Eins erscheint.
Und vier Prinzen stehen Dir
Kindlich-treu am Throne,
Führen hoher Gattin Zier
In den Glanz der Krone.
König, Vater, welche Vier!
Heil sei ihr und Heil sei Dir!
10.
Im Geist nur sieht Dich unser Blick
Am Tage Herr, der Dich geboren.
Du ziehst Dich in Dich selbst zurück,
Hast Dir die Einsamkeit erkoren;
Bei Potsdam weilst Du, ungeseh'n,
Wenn Deines Festtags Fahnen weh'n.
Die Fahnen, die des Volkes Liebe
Hochflatternd schwinget, schwarz auf weiß.
Was uns ein And'rer auch beschriebe,
Hat uns're Schrift doch stets den Preis;
Denn Schwarz auf Weiß ist klare Schrift,
Die wohl den Sinn des Herzens trifft.
Die Geister Deiner höchsten Ahnen,
Von Preußens königlichem Sitz,
Sie segnen Deines Volkes Fahnen.
Und d'rüben blickt der alte Fritz,
Er blickt auf Dich, mit Stolz und Lust;
Du bist Dir solches Blicks bewußt.
Sei auch entfernt an diesem Tage,
Die Deinen sind doch nah' bei Dir;
Das ganze Land! Jedweder trage
Nur Schwarz auf Weiß als Fest-Panier.
Der Dritte! das ist uns're Lust,
Du dreimal herrlicher August.
11.
Ich weiß eine Straße, wo Bäume,
In schattigen Reihen weh'n,
Wo alte Siegesträume
Des Nachts umwandeln geh'n;
Wo in geweihtem Chore
Der Zeiten Nachhall bebt,
Wo über prächt'gem Thore
Göttin Victoria schwebt.
Am Ausgang jener Linden
Nicht fern der König wohnt;
Da wirst Sein Haus du finden,
Wo Er in Liebe thront.
Nun kenn' ich vier Gebäude,
Die Königs Haus umsteh'n;
Sie sind des Volkes Freude
Und Jeder kann sie seh'n.
Das Zeughaus zeugt von Muthe,
Von Preußens tapf'rem Heer,
Von froh-vergoss'nem Blute
Und birgt manch' alt' Gewehr.
Danach der Weisheit Schule,
Darinen früh und spät
Sie lehren von hohem Stuhle:
Die Universität.
Und was die Kunst geboren
Mit schöpferischer Hand,
Dem ist ein Tempel erkoren,
Museum zubenannt.
Zuletzt für Wort und Töne,
Für Scherz und düstern Graus
Melpomene's, das schöne
Einfache Opernhaus.
Das sind die vier Gebäude,
Bei Königs Haus' zu seh'n,
Uns aber dient zur Freude,
Daß eben dort sie steh'n.
12.
Heil Dir, dem Gottes Hand
Anvertraut Preußens Land,
Vater und Held!
König in jedem Sinn,
Ward Liebe Dein Gewinn;
So blickst Du ruhig hin,
Auf alle Welt.
Steh'st unerschütterlich,
Rüstig und ritterlich,
In Friedens Schooß.
Muthig im Siegsgefecht,
Demüthig, Gottes Knecht,
Königlich und gerecht,
Im Unglück groß.
Herrsche so, freudenreich,
Segnender Gottheit gleich,
Lange, beglückt.
Einst wird Dein Leichenstein,
Enkeln ein Altar sein,
Der Tugend sich zu weih'n,
Die Dich geschmückt.
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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