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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gedichte
162 Bücher



Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Vorrede

Vorreden pflegt des Lesers flücht'ge Hand
Zu überschlagen. Weil ich dringend wünsche,
Gelesen werden möge diese hier,
Will ich versuchen, in fünffüß'gen Jamben
Fünffingerige Hände zu verstricken,
Sie fest zu halten, wider ihren Willen,
Daß kurze Rast dem Auge sie vergönnen.

Es handelt sich vor Allem um den Titel
Des Buches, welcher sagt: hier sei die vierte
Ausgabe meiner Verselei'n erschienen,
Was auf die strenge Frage führen kann:
Woher die vierte, da die dritte fehlt?
Erklären will ich das. Die erste Sammlung,
(Denn eine allererste, noch ein Lustrum
Zuvor in Breslau aufgelegt, zählt kaum!)
Erschien im Jahre da man Zwanzig schrieb
Und Sieben, zu Berlin, "Haude und Spener."
Im Jahre Vierunddreißig folgte ihr
Als "deutsche Lieder" eine zweite nach,
Zu Schleusingen verlegt bei Conrad Glaser.
Zum dritten Male trat ich mit "Gedichten"
Im Jahre Zweiundvierzig vor die Welt,
Und diesmal war es die Vereinsbuchhandlung,
Die solches Unternehmen gütig wagte.
So ist es denn bewiesen und bewährt,
Wir "flunkern" keineswegs mit unserm Titel;
Wir sind berechtiget, wir durften drucken,
Verleger und Verfasser miteinander:
"Vierte, vermehrte und so weiter. - Wäre
Der Inhalt auch des eitlen Titels würdig?!
Das sag' ich nicht. Ich kenne meine Stelle
Im deutschen Dichterhain. Ich maße mir
Den Ehrenplatz gewiß nicht an bei Jenen,
Die ihn verdienen. Nein, ich setze mich
Bescheidentlich in's Dunkel, in den Schatten
Und meine Reime wimmeln um mich her;
Nicht unbescheid'ner sind sie als ihr Vater.
Daß Mancher eine günst'ge Stäte fand,
Daß Wiederklang in Ohr und Brust er weckte,
Daß Volkes Mund vielleicht ihn nachgesungen,
Bläht ihn nicht auf. Und mich noch weniger.
Für etwas Höheres hielt ich mich nie,
Als für den Dichter der Gelegenheit,
Wie man uns nennt. Vergebens bin ich nicht
Ein Schlesier; und was dies heißen will
Bei lyrischen Poeten, - jeglich Handbuch
Der Literargeschichte meldet's Euch
Seit grauen Jahren! Wohl ein Segen ist's,
Ein Segen den ich oft empfunden habe:
Den Augenblick erfassend frisch und froh
Sich der Gelegenheit rasch zu bemächt'gen;
Den Ton zu treffen; edle, große Kreise
Durch Wort und Klang gesellig anzuregen
In Ernst wie Scherz. Noch leben viele Zeugen,
Die mir's bestätigen. Ein Segen ist es, -
So lang' es dauert. Schier zum Fluche wird's,
Soll dann in einen Kranz der Sänger schlingen,
Was ihn und And're duftend einst erfreute,
Und findet statt der Blumen dürres Heu
Und muß wegwerfen, was er sammeln wollte.

Er muß! Er mußte! Ja, er hat's gethan;
Hat ausgeschieden, was, (nicht weil es schlecht,
Vielleicht nur weil's in seiner Art das Beste,)
Unwirksam, unverständlich ward. Ob nun
Von dem was blieb sich Dieses oder Jenes
Vernichtender Kritik entziehen kann?
Ob vor gedieg'nem Urtheil leben wird,
Was einst gelebt? Ob auch mein dunkles Plätzchen,
Im Schatten selbsterwählt, mir einzunehmen
Gestattet wird? ... Gleichviel! Dies Buch gehört
Zu meinen Büchern. Meine Bücher sind
Ein Theil von mir, von meinem Sein und Streben;
Gut, oder schlecht; wer ändert's? Eins ist sicher
Ich habe nie gelogen, nie geheuchelt,
Geschmeichelt nie um leidigen Gewinn.
Wie mir zu Muthe war hab' ich gesungen.
Ich hab' in Oest'reich nie verleugnen wollen,
Daß ich ein Preuße bin; in Preußen hab' ich,
Daß ich auch Oest'reich liebe nie verhehlt;
Ich hab' es Rechts wie Links mir oft verdorben,
Bin d'rum ein armer Musensohn geblieben,
Mit grauem Haar, der unbegünstigt wandert
Und unbefördert; der durch eig'nen Fleiß
Sich kümmerlich, doch ehrlich, weiter half
Auf seinem rauhen Pfade bis an's Grab.
Das ist mein Stolz. Mein einziger.

                Ihr Freunde,
Die Ihr mich noch in Eurem Herzen tragt,
Legt dieses Büchlein auch an Euer Herz;
Legt's zu des "Waldes Stimmen," bitt' ich, und
Den "Schlesischen Gedichten." Diese drei
Nicht allzudicken Bände sind der Mensch,
Der ganze Mensch, den Haß und bitt'rer Tadel
Oft niederbeugte; den nachsicht'ge Huld
Dann wieder aufgerichtet. Wenn Ihr tadelt,
Mischt auch ein freundlich Wörtchen mit darein.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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