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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



20.

Als ich vor eines Goldschmied's Thüre
Einmal neugierig stehen blieb,
Betrachtend, was er emsig rieb?
Sprach er, noch reibend: ich probire,
Doch weil ich meine Zeit verliere,
Stell' ich das Reiben lieber ein;
Die Kette soll von Golde sein,
Und wie ich reibend nun probire,
So könnt' ich mich zu Tode reiben,
Die Kette wird von Messing bleiben,
Vergoldet nur so obenhin.

Wohl dacht' ich da in meinem Sinn
An mancherlei Theater-Proben,
Die eben auch nicht sehr zu loben,
Und wo gar Mancher, der sich preis't,
Statt Gold, das pure Messing weis't.

Man sagt ihm zwar: Freund, memorire!
Er ruft hinunter: Freund, soufflire:
Und wenn er nun schon halb ergrimmt
Im Dunkel auf und niederschwimmt,
Und dem Souffleur - der d'rob verstimmt -
Die Silben von den Lippen nimmt,
Du aber fragst hinein zur Thüre:
Was treibt man dort, wo's Lämpchen glimmt?
Da schreit er auf: Nun, ich probire!


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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Als ich vor eines Goldschmied's Thüre, Karl von Holtei