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Gedichte
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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



14.

Ein Laubfrosch, der mit angestrengter Müh'
Den hohen Baum erklettert hatte,
Erhob ein mächtiges Gequak
Und sprach: Hört her, ich singe hier "vom Blatte!"

Ein Künstler bin ich und ein Kritikus,
Was ich durchdacht, lass' ich erschallen;
Das ist die wahre Melodie,
Und keine and're kann mir je gefallen.

Da flattert nun ein schöner Schmetterling,
Mit hell- und fröhlich-glänzendem Geflügel,
Im Sonnenschein daher, dahin
Und gaukelt flatternd über Flur und Hügel.

Und naht sich auch dem großen Kritikus,
Der - hinter'n Ohren noch nicht trocken -
Schon einen großen Rachen hat -
Für den schien das ein sehr willkomm'ner Brocken!

Der Sommer-Vogel hält ihn für ein Blatt,
Setzt sich, und ach! zwei breite Klappen,
Eröffnen sich, den zarten Sylphenleib,
Mit einem Mal gewaltig zu erschnappen.

Da hatt' er ihn! Doch aus dem Froschmaul steh'n
Die gold'nen Flügel weit hervor und strahlen;
Es würgt der Frosch, er schluckt, er würgt,
Nur mehrt er würgend, schluckend, eig'ne Qualen.

Er quält sich eine bange Stunde lang,
Kommt pfötelnd, schiebend nicht zu Ende,
Er zwingt die großen Flügel nicht in's Maul,
Denn Frosches-Pfoten sind nicht Menschenhände.

Da läßt er ihn allendlich wieder los:
"Das ist ja, um die Ungeduld zu kriegen!
Der Henker hole solchen Schmetterling!
Ich lobe mir zur Nahrung kleine Fliegen.

Dort unten, auf dem hübschen Haufen Koth,
Erblick' ich sie von allen Arten,
Ich kriech' hinab auf jenen niedern Strauch,
Da bin ich nah' und darf nicht lange warten."


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






Gedicht: Ein Laubfrosch, der mit angestrengter Müh'

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