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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Prolog zu der ersten Aufführung von Shakspeare's Heinrich IV

(Erster Theil.) auf der Breslauer Bühne 23. April 1822,
gesprochen von Hln. Mosevius.


Wir mögen wohl ein wenig stolz sein, Freunde,
Wir Deutsche insgesammt, auf unsern Eifer
Für William Shakspeare. Denn in Engeland,
Aus dem er aufwuchs, traun die reichste Blüte,
Die jemals jener Insel ist entsprossen,
Hat edler'n Nachklang nicht sein Genius
Harmonisch aufgeregt, als tief im Herzen
Der besten Männer Deutschlands. -
Dort stümpert man mit frechen Spielereien
An seinen ewigen Gedichten. Bücherstaub,
Einst aufgeregt von grübelnden Pedanten
Bedeckt noch heute manches grüne Blatt
Des vollsten Lebens. And're hat man gar
Entstellt, besudelt, oder ausgerissen;
Willkührlich, keck gemodelt, zugerichtet
Geh'n jene Dramen über Londons Bühnen;
Und Achtung, wahre, innerliche Achtung
Hat Deutschland erst der neuen Britenwelt
Für ihren größten Dichter eingeflößt.
Was ist gescheh'n zu seiner Würdigung,
Von Bürger, Wieland, Lessing, Eschenburg,
Von Göthe, (der zunächst mit ihm verwandt,)
Bis hin zu Schlegel, dem es recht gelang,
Ihn deutsch und unverkümmert darzubieten,
Ihn dem Verständniß uns'res Volks zu öffnen;
Und was geschieht annoch! Zu Dresden weilt
Der edle Ludwig Tieck mit allen Kräften
Dem Studium des Lieblings hingegeben.
Der alte Voss sogar, sammt beiden Söhnen,
Hat die antiken Metra weggelegt,
Und hämmert frisch Romantik uns'res Briten.
Auf viele Bühnen bringt man Shakspear's Werke.
Auch wir, zu Breslau's Ruhme darf ich's künden,
Sind nicht zurückgeblieben. Lear, - Othello -
Macbeth - und Hamlet, (wo der tapf're Anschütz,
Ein edler Schütze sich den Preis erschoß,)
Der Kaufmann von Venedig, - Romeo
Und Julia, - Ihr nahmt sie würdig auf.
So gönnt auch heute Euren Antheil uns.
Heut' ist der Tag, der Shakspeare einst gebar
Und der zugleich ihn wieder abgefordert
Der Erde, die seit ihm nichts Gleiches sah.
Heut' ist der Tag, den kühnlich wir zu feiern
Ein unerhörtes Wagstück prüfen wollen.
Der Vater des Humors, der alte Falstaff,
Der liebenswürdige Sünder, nicht nur witzig,
Nein, Ursach' auch, daß And're witzig werden,
Heut' soll er schreiten vor Euch Hand in Hand
Mit heil'gem Ernst, geschichtlich-hoher Würde;
Es ist ein Schauspiel, wie wir niemals brachten,
's ist eine Dichtung wie Ihr nie geseh'n;
Vergesset heut' daß wir in Breslau sind.
Träumt Euch nach London. Denkt, Ihr wäret Briten,
In Eurer Mitte säß' Elisabeth,
Die Königin, Beschützerin des Dichters,
Wenn gleich verlarvt, doch kenntlich. Denkt ihn Euch
In Lebens-Fülle auf den Brettern schaffend, -
Und wenn die Phantasie Euch diesen Dienst
Nur halb erwies, .. das g'nüge! Gebt Euch hin,
Und seid mit Leib und Seele bei der Sache.
Doch was Euch fremd erscheint, zur Zeit nicht passend,
Verwerft's nicht gleich, nehmt es wie Briten auf.
Was aber wirken kann, was allen Zeiten,
Was allen Geistern zugehörig bleibt,
Dem gönnt die frohe Feier des Entzückens;
Dem gönnt begeisterte Erinnerung,
An ihn, dess' Fest wir feiern.
                    Himmlischer,
Der Du in jenen Feldern des Elisiums
Homer zur Seite gehst, sieh' mild herab
Auf unser schüchtern Spiel. Und an Dein Wort
Will ich die Hörer mahnen: Ja, das Beste
In dieser Art ist Schattenspiel; nicht schlechter
Das Schlechteste, hilft nach die Phantasie. -
Uns laßt bescheiden in der Mitte bleiben,
Und Ihr ergänzt geneigt, was fehlen mag.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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