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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Prolog zu einer musikalisch-declamatorischen Abendunterhaltung

bei Frau Baronin v. N.

(Breslau 1845.)


Da kommt man zusammen, nimmt Kuchen und Thee,
Man setzt sich, man plaudert, das heißt: Soirée.
Doch wird man auch tanzen? Ich glaube kaum,
Zu viel sind der Gäste, zu eng' ist der Raum.
Was wird man beginnen? Für's Kartenspiel
Sind wieder, bedünkt mich, der Gäste zu viel?
Was denkt sich die Dame vom Hause? gescheh'n
Muß endlich doch etwas?
            Beisammen steh'n
Halbfremde Gesichter; sie steh'n und schau'n
Nachdenklich erwartend auf Herren und Frau'n;
Gewißlich, die sind nicht zufällig hier,
Nicht umsonst auch geöffnet ward das Clavier
's giebt Musik und Gesang, - vielleicht Declamation?
Gott erbarm' sich in Gnaden, das kennt man schon.
Also das war die Absicht? Ein Kunstgenuß?
Was der Mensch doch auf Erden erdulden muß!

Gleich von Anfang schon hat mein Blick ihn erspäht,
Den gestrengen Professor der Classicität,
Den Tyrannen des Contrapuncts hiesiger Stadt,
Der vor Donizetti nicht Ehrfurcht hat;
Keine Rücksicht nimmt auf das Publikum. -
's fehlte nichts als ein Stück Oratorium!

Aber nein, ohne Furcht, damit hat's nicht Gefahr.
Auf Gesang ward gerechnet, das ist wohl wahr,
Auf Gesang und dazwischen auf Declamation.
Doch nicht Gluck, Händel, Bach; - höchstens Mendelssohn,
Und auch dieser nur kurz.
            Also, beben Sie nicht.
Herr Mosevius macht zwar ein sauer Gesicht,
Doch die Lieder sind süß, die er geben will.
O er kennt den Geschmack, heute hält er still.
Bracht' ihn doch die Amazili, die charmante,
In harmonischen Einklang mit Mercadante

Und er fügt sich so sanft, wie ein Lämmelein.
Kurz ich hoffe, Sie werden zufrieden sein;
Ja, ich versprech' es, ohne Prahlen.

Und bedenken Sie nur, Sie dürfen nicht zahlen,
Sind ein total freies Publikum,
Denn wir geh'n nicht einmal mit dem Teller herum.

Ganz im Gegentheil, (ich bin eingeweiht,)
Steht Gefrornes in Massen für Sie bereit,
Woran Jeder, so allzu feurig fühlt,
In den Pausen sich nach Bedürfniß kühlt.

Und am Ende gar Fisch, und Fleisch, - das Souper!
Und die Créme, - der Caviar - ach Herr Je!
Alles dieses zu Ehren der heiligen Kunst!

Nun, die Musen verleihen uns ihre Gunst,
Daß sich jeglicher Künstler Ehren erwirbt,
Und daß Niemand im Kreis' sich den Magen verdirbt.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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