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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Prolog zur Vorfeier der Vermählung Sr. K. A. Majestät des Kaisers Franz Josef

(Gräz, 1854.)
Gesprochen vom Verfasser.


Nur wer dem eig'nen Vaterland
In heimatlichem Sinne treu geblieben;
Wer auch als Mann den magern Sand,
Wo er als Kind die ersten Freuden fand
Im Föhrenwald', noch nicht verlernt zu lieben;
Nur wer die Bilder aus der Knabenzeit,
Im warmen Herzen unentweiht,
Gleich Heiligthümern durch die Welt getragen;
Wer seinem Herrscherhause gern
Anhänglich ist, leb' er ihm noch so fern;
Nur der, ja der allein darf sagen,
Daß er aufricht'ger Huldigungen Preis
Im fremden Land' zu schätzen weiß.

Ich halte nichts von dem Geschlecht
Reimlust'ger Schmeichler, deren Feder
Stets dienstbar ist und denen jeder,
O jeder Stoff, ihn zu besingen, recht,
Will man sie nur dafür belohnen;
Die über Nacht geschwind die Farben wechseln,
Die Für, die Wider Verse drechseln.
Wie Fliegen summen sie um Fürstenkronen.
Wo nur das Aug' ein Plätzchen ausersieht,
Da kleben sie, da tönt ihr feiles Lied,
Da saugen sie. Bei allen hohen Festen,
Schmarotzen sie an weggeworf'nen Resten.
Und wollen Dichter sein? Armsel'ge Innung,
Verächtliche Genossenschaft!
Den Dichter macht ja einzig die Gesinnung
Und wo die fehlt, da fehlen Kraft,
Lebend'ge Wahrheit, Seele, Herz. Gemüth,
Wie ohne Sonne keine Blume blüht.

D'rum überkommt den Fremdling schier ein Bangen,
Wenn er, ihn ehrendem Verlangen
Genügen will; wenn er zum Festgedicht
Gefühle möchte in Gedanken schlingen;
Er fragt sich selbst beschämt: kann mir's gelingen?

Und dennoch wird es hochwillkomm'ne Pflicht.
Vorfeier einem blüh'nden Frühlingsegen
Soll dieser Abend sein. Ein großes Reich
Blickt hoffnungsmuthig jenem Bund' entgegen,
Der junge Herzen liebereich
Vereinen wird in menschlich-reiner Liebe.
Ja, Liebe - auf dem Kaiserthron!
Wer ist so fühllos, daß er's da noch bliebe?
Muth, Sänger, sing' und triff den Ton!

Doch weil ich nun ein Preuße bin,
Mit Leib' und Seel', in Herz und Sinn,
Weil ich als Preuße singen muß,
So heiß' mein Lied: Des Preußen Gruß.
Ich bring' auf Oest'reich's Brautaltar
Bescheid'ne Opfergabe dar,
Zwei Kränze. Höret gütig an,
Was ich davon berichten kann.

Als einst die Königin der Frau'n,
(Denn schöner, holder anzuschau'n,
War selten Eine je wie diese,)
Als Preußens Königin Luise
Aus ihrer Heimat grünen Au'n
In Gottes Land gezogen war,
Ging Wilhelm Friederich der Dritte,
Sammt ihrer blüh'nden Kinder Schaar,
Mit tiefgebeugtem schwerem Schritte
Hinaus zum Garten, wo bestellt
Ein purpurrothes Rosenseld
In duft'ger Pracht und Fülle stand.
Da brachen sie was Jedes fand,
Der Vater und der Kinder Sieben
Die vollsten Rosen ab zum Kranz,
Bethaut von Thränen-Perlen-Glanz,
Für's Haupt der Edlen, Treuen, Lieben;
Da schmückten sie die Leiche, stumm,
Und knie'ten rings um's Bett herum.

Dreißig Jahre sind seitdem verflossen,
Deren Herrschaft friedlich' Heil gebracht;
Es hat endlich dunkle Todesnacht
Auch des König's helles Aug' umschlossen.
Und geduldig lag er, sanft ergeben,
Fromm-bereit, zu scheiden aus dem Leben.
D'runten auf den Plätzen, in den Gassen
Steht das Volk, die Bürgerschaft gedrängt,
Unzählbare, dichtgeschaarte Massen,
Die gemeinsam tiefer Schmerz umfängt,
Die kein lautes Wort vernehmen lassen.
Flüsternd nur von Munde tönt zu Munde
Jedes Tages Botschaft, jeder Stunde;
Tönt zuletzt die letzte bange Kunde:
"Keine Rettung mehr!" Doch ihr Gefühl
Will noch einmal grüßen den Gerechten,
Und im allerdichtesten Gewühl
Sieht man plötzlich einen Kranz sie flechten;
Tausend Blumen, einzeln, aus den Händen,
Von den Herzen reicht sich Hand um Hand;
Alle suchen, wo sie Rosen fänden,
Die man in die große Krone band.
Und dann schicken sie aus ihrem Kreise,
Mitten aus dem Volke ihrer Drei,
Die versuchen, ob es möglich sei,
Vorzukommen? Und die schleichen leise
In das immer off'ne Königshaus.
Alsogleich tritt Dienerschaft heraus,
Höret ihr Begehren, meldet d'rinnen
Was sie bringen; fragt, was zu beginnen?
Und der Sterbende vernimmt's; er spricht:
"Gebt! Versagt mir doch die Blumen nicht,
Die mir meines Volkes Liebe flicht!
Gott sei Dank, daß ich mir die erworben! -"
Solchen Kranz vor sich ist Er gestorben.

Dies nun wären beide Kranzgeschichten,
So ich vorgesetzt mir, zu berichten;
Die mich tief gerührt, wie klein
Und wie schmucklos auch sie mögen sein.
Doch ich höre sich den Tadel regen,
Unerbittlich tritt er mir entgegen,
Ich vernehme, wie er spottend spricht:
"Welch' ein leichendüst'res Festgedicht!"

Schon darauf gefaßt, kann ich erwiedern:
Ja, bequemer ist's, mit Liebesliedern
Und mit leichtem, frohem Lebensklang
Schönes Fest erheitern im Gesang;
Scherz gereimt auf Herz. Gewiß, bequemer,
Auch vielleicht willkomm'ner, angenehmer.
Aber besser? wahrer? Mir erscheint,
Was ich wünsche gut und wohl gemeint.

Daß die Kaiserbraut in späten Tagen,
Wenn die letzte Stunde auch ihr schlägt,
Seiner Liebe Rosen möge tragen,
Wie Sie jetzt den grünen Brautkranz trägt;
Daß der Kaiser in den letzten Stunden,
Noch als Greis empfinde, hochentzückt,
Was er jung und blühend hat empfunden,
Von der Liebe Seines Volks geschmückt;
Daß die Blumen dauern bis zum Schluß'
Männlich-starken, milden Strebens,
Langen thatenvollen Lebens.
Also klingt des Preußen Gruß.
Soll der Preuße nicht ein Deutscher sein?
Jeder echte Deutsche stimmet ein
In das innigste Gebet:
Heil Franz Josef und Elisabeth!


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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