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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Abschiedslied
für Hofrath Baron
Paümann.
(Gräz, 19. October 1854.)
Melodie: Denkst du daran? etc.
Beglückt, fürwahr, auf diesem Erdgefilde,
Wo sich der Dornzweig um die Rose flicht,
Sind Die zu preisen, Deren inn're Milde
Zusammentraf mit ihrer äußern Pflicht;
Die mitleidvoll, gehorsam jenem Triebe,
Wie sie der Schöpfer sanft und weich erschuf,
:,: Sich überlassend ihrer Menschenliebe
Nur friedlich üben friedlichen Beruf. :,:
Doch wer an zartem Sinne reich geboren,
Ein froh Gemüth in seinem Busen hegt,
Wem das Geschick, das ihn sich auserkoren,
Ein ernstes Amt dann in die Hand gelegt;
Wer suchen soll, daß Böses er entdecke,
Wer forschen muß so weit sein Auge reicht,
:,: Daß er verfolge, strafe, drohe, schrecke,
Der athmet selten heiter, froh und leicht. :,:
Wohin er lauscht vernimmt er schon Beschwerden!
Wohin er blickt? - ein finst'res Angesicht!
Aus Freunden sieht er plötzlich Gegner werden,
Denn wo er schonen möchte, darf er nicht.
Getadelt und verlästert muß er tragen,
Was sein Beruf ihn And're dulden hieß,
:,: Und Niemand fragt von Allen die da klagen:
Ob sich der Grund der Klagen ändern ließ? :,:
Wo unerbittlich-aufgezwung'ne Strenge
Sich hart erzeigt, da hört man Zeter schrei'n,
Das rennt wie Feuer durch die große Menge,
Unüberlegt stimmt Jung und Alt mit ein.
Doch was im Stillen Edelmuth erwiesen,
Zur Hülfe, zur Vermittlung gern bereit,
:,: Das wird erwähnt kaum, niemals laut gepriesen,
Das weht davon der Wirbelwind der Zeit. :,:
So will's der Lauf des buntverworr'nen Lebens.
Der Weise nimmt die Dinge wie sie sind.
Zuletzt geschah das Edle nicht vergebens,
Nicht jeden Keim verwehten Zeit und Wind.
Gar manches Körnlein fand im reinen Grunde
Gerechter Einsicht seine sich're Statt,
:,: Bei'm Zauberhauche naher Trennungsstunde
Entfaltet es auflebend Blüt' und Blatt. :,:
Es flüstert: "Wie? Er scheidet?" Hell in Klarheit
Tritt jede günst'ge Eigenschaft an's Licht;
Was Nebel war verschwindet vor der Wahrheit,
Stumm wird der Tadel, nur die Liebe spricht.
Sie fand sich ein, dem Scheidenden zu sagen,
Mit feuchtem Auge treu Ihm zugewandt,
:,: Daß viele gute Herzen für Ihn schlagen,
Weil dankbar sie Sein gutes Herz erkannt! :,:
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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