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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Das Lied vom Mantel
Mel. Es saßen einmal drei
Reiter gefangen etc..
Schier dreißig Jahre bist du alt,
Hast manchen Sturm erlebt.
Hast mich wie ein Bruder beschützet,
Und wenn die Kanonen geblitzet,
Wir Beide haben niemals gebebt.
Wir lagen manche liebe Nacht,
Durchnäßt bis auf die Haut;
Du allein, du hast mich erwärmet,
Und was mein Herze hat gehärmet,
Das hab' ich dir, Mantel, vertraut.
Geplaudert hast du nimmermehr,
Du warst mir still und treu:
Du warst getreu in allen Stücken,
Darum lass' ich dich auch nicht mehr flicken,
Du Alter, du würdest sonst neu.
Und mögen sie mich verspotten,
Du bleibst mir theuer doch.
Denn wo die Fetzen 'runter hangen,
Sind die Kugeln hindurch gegangen,
Jede Kugel, die macht halt ein Loch.
Und wenn die letzte Kugel kommt
In's preuß'sche Herz hinein:
Lieber Mantel, lasse dich mit mir begraben,
Weiter will ich von dir nichts haben,
In dich hüllen sie mich ein.
Da liegen wir zwei Beide
Bis zum Appell im Grab.
Der Appell, der macht Alles lebendig,
Da ist es denn auch ganz nothwendig,
Daß ich meinen Mantel hab'!
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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