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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
In der Lieder-Tafel
(Breslau, 1834.)
Melodie vom ergrauten Mütterchen.
Wo sich in fugenreichen Klängen
Mehrstimm'ge Weisheit stolz ergeht,
Wo in harmonischen Gesängen
Der Meister Hauch gewaltig weht,
Da schlägt das Herz des Dichters bänger,
Ach, seine Zither stimmt nicht rein;
:,: Nur zitternd tritt der Liedersänger
Als Sänger bei den Sängern ein. :,:
Es ist der Ehrfurcht heil'ger Schauer!
Mich hat Euterpe nicht geweiht;
Zu einem leichten Gassenhauer
Ist meine Kehle nur bereit.
Und fragt Ihr nun: wie durft' er's wagen,
Wie dringt er dennoch hier herein?
:,: Für Wand'rer ist's ein groß Behagen,
Ein Weilchen heimisch nur zu sein. :,:
Arion lobt ein wandernd Leben -
Du lieber Gott, das ist vorbei!
Mag man des Liedes Stimm' erheben,
O, sie verhallt im Weltgeschrei.
Die Poesie muß schwer sich grämen! -
Arion reis'te ohne Paß,
:,: Und wollten Räuber ihm 'was nehmen,
Sie nahmen an, er hätte 'was! :,:
Wir haben nichts! - Doch still, ihr Klagen!
Vielleicht, daß bald die Sonne mag
Auf deutsche Dichter wieder tagen;
Schon schrieb man an den Bundestag.
Vielleicht! Vielleicht! - In alle Sphären
Ertöne dann ihm Lob und Ruhm! -
:,: Vielleicht, vielleicht wird er erklären:
Es geb' ein geistig Eigenthum! :,:
Ha, welche Huld! Und dann zu wandern
Als Sänger, Dichter, Bühnenheld!
Dann sind Arion und die Andern
Für Unsereins nicht auf der Welt.
Ja, an den Grenzen selber findet
Hernach sich keine Scheidewand;
:,: Das liebe deutsche Reich verbindet
In Geist und Herz ein Zollverband. :,:
Und die Censur - bei meiner Seele,
Das ist doch wirklich recht fatal:
Mir steckt ein Brocken in der Kehle -
Je nun, den Schluß ein ander Mal!
Für jetzt bleibt's in dem alten Gleise:
Der Dichter wird schon glücklich sein,
:,: Fällt nur in seine leichte Weise
Der Schluß-Chor ohne Pfeifen ein. :,:
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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