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Gottfried Keller
Gesammelte
Gedichte . 3. Auflage 1888
Herbstnacht
Als ich, ein Kind, am Strome ging,
Wie ich da fest am Glauben hing,
Wenn ich den Wellen Blumen gab,
So zögen sie zum Meer hinab.
Nun hält die schwarz verhüllte Nacht
Erschauernd auf den Wäldern Wacht,
Weil bald der Winter, kalt und still,
Doch tötlich mit ihr ringen will.
Schon rauscht und wogt das weite Land
Geschüttelt von des Sturmes Hand,
Es braus't von Wald zu Wald hinauf
Entlang des Flusses wildem Lauf.
Da schwimmt es auf den Wassern her,
Wie ein ertrunknes Völkerheer
Schwimmt Leich' an Leiche, Blatt an Blatt,
Was schon der Streit verschlungen hat.
Das ist das tote Sommergrün,
Das zieht zum fernen Weltmeer hin -
Ade, ade, du zarte Schaar,
Die meines Herzens Freude war!
Sing's in die Niedrung, dunkle Flut:
Hier oben glimmt ein heißes Blut,
Wie Haidefeuer einsam glüht,
An dem die Welt vorüber zieht!
Gottfried
Keller . 1819 - 1890
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