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Gottfried Keller
Gesammelte
Gedichte . 3. Auflage 1888
Jeder Schein trügt
Ich weiß ein Haus, das ragt mit stolzen Zinnen,
Frei spielt das Licht in allen seinen Sälen,
Sein Giebel schimmert frei von allen Fehlen,
Kein Neider schilt's, nicht außen und nicht innnen.
Nur wer es weiß mit Klugheit zu beginnen,
In seine Grundgewölbe sich zu stehlen,
Sieht üppig feuchten Moder dort verhehlen
Von dicken Schlangen wahre Königinnen.
Doch würde der sich auch betrogen haben,
Der rasch empor die Treppen wollte steigen,
Die Feinde mit der Kunde zu erlaben:
Denn tiefer noch, im allertiefsten Schweigen,
Da liegt ein ungehobner Schatz begraben,
Der niemals wird dem Tage wohl sich zeigen.
Gottfried
Keller . 1819 - 1890
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