162 Bücher
|
Gottfried Keller
Gesammelte
Gedichte . 3. Auflage 1888
Ein Festzug in Zürich
1856.
Als einst die Luft von Lindenblust
Durchduftet und die Bürgerlust
Darob erwacht und munter war,
Da regt' sich junger Männer Schar
Und strebte menschlich nach dem Ziel,
Sich darzustellen recht im Spiel.
Auch hatt' zu jenen Stunden
Sich bald ein Fest gefunden;
Denn fertig war das Eisenband,
Das mit dem deutschen Nachbarland
Am blauen See die alte Stadt
Wegsam und neu verbunden hat,
Und wurde just der Tag erharrt,
An dem sich tat die erste Fahrt.
Es waren zu dem Feste
Geladen schnell die Gäste,
Schon rüst't sich jeglicher Gesell.
Da lehnt auch Meister Heinrich schnell,
Der Cramer ehrlich zubenannt,
Das blanke Schlachtbeil an die Wand;
Den Gurt, mit Kupfer hell verziert,
Woran ihm Stahl und Messer klirrt,
Den weißen Schurz thut er von sich
Und greift zum Stifte; säuberlich
Nimmt er Papier und träumt und sinnt
Und gleich zu zeichnen drauf beginnt.
Denn wißt und seid des Meisters froh,
Seit manchem Jahre treibt er's so:
Wenn sich ein Spiel begeben will,
So steht sein Eiser nimmer still,
In Reim und Bildniß gleich gewandt,
Entwirft und ordnet seine Hand,
Bis frisch die Arbeit ist gethan
Und fröhlich klar des Festes Plan!
Bald sieht man ihn nun walten,
Die Scharen zu gestalten,
Wie jedes Mannes Stand und Tracht
Er weislich zu Papier gebracht.
Jetzt aus der Vorzeit fernen Au'n
Läßt er beglänzte Bilder schau'n;
Dann mischt er kecklich Alt und Neu
Vergang'ner Zeiten Ehr' und Treu
Und stolzes Fahnenrauschen
Muß nun mit Torheit tauschen,
Und Schwank und Schalkheit sind zu seh'n,
Wie sie dem Ernst zur Seite geh'n.
Auch hat er schon den Lauf der Welt
Mit zarten Kindern dargestellt;
Der Ahnen krieg'risch Prangen
Kam rosig da gegangen;
Dann hüpften Fächer, Degen,
Gepudert allerwegen;
Als Gärtner, Fischer, Jägersmann
Dann sind die Kleinen angetan,
Der Jahreszeiten Wechseltanz
Sieht man in Kinderaugenglanz
Und gold'ner Locken jungem Flug
Vorüberwallen Zug auf Zug.
Das Märchen ward lebendig,
Titania lilienhändig
Schien selber mitzuwirken
In solchen Lenzbezirken,
Und einem Wandelgarten
Von tausend Blumenarten
Glich dann die volkerfüllte Stadt.
Doch jetzo weiß er andern Rat.
Was Heut und Morgen sturmbeschwingt
Uns auf dem Eisen fliegend bringt
Vom alten trauten Nachbarort,
Wie von der Erde fernstem Port,
Das kommt zumal nun Troß um Troß,
Zu Fuß, zu Wagen und zu Roß,
Und durch des Volkes wogend Meer
Rauscht es von allen Seiten her.
Befremdlich wie die Aventür
Tritt's aus den Häusern jäh herfür;
Hier trabt der braune Wüstensohn
Und dort des Zaren Kind vom Don,
Der Kriegerfürst vom Kaukasus,
Der Häuptling vom Lorenzofluß;
Und was am Nil sich regt und drängt,
Auf Asiens Strömen treibt und mengt,
Wie durch die Luft gefahren,
Ist's hier nun zu gewahren.
Dann aus Italiens Myrtenland
Kommt uns der Schönheit Volk zur Hand,
Der Schnitterinnen brauner Chor,
Korallen rot an Hals und Ohr;
Hispan'scher Maja's üpp'ge Schar,
Die dunkle Ros im schwarzen Haar
Von blüh'nden Knaben dargestellt,
Die trüglich volle Brust geschwellt;
Das drängt sich durch und bleibet steh'n
Und wendet sich im Weitergeh'n
Mit Scherzen hier und dort mit Schlägen
Wenn sich zu grober Witz will regen.
Zuletzt mit Fiedel, Horn und Baß
Schnurrt es vertraulich durch die Gaß,
Vom Elsaß und vom Schwabenland
Die Bauernhochzeit wohl bekannt.
Und alles woget kunterbunt,
Verworren noch zu dieser Stund',
Und Jeder strengt sich eifrig an,
Daß er das Einz'le sehen kann,
Eh' später es der große Zug
Zu flüchtig ihm vorüber trug.
Da gilt es nun zu preisen
Das Wandern und das Reisen
Der Landesart in alle Welt,
Die solch ein Bild zusammenstellt;
Denn leicht wird hier und dort erkannt,
Gar manches echte Prunkgewand;
Des Scheiches Mantel goldbestickt,
Er ward aus Syrien hergeschickt;
Des Japanesen Doppelschwert,
Des Mandarinen Drachenkleid
Und seiner Liebsten Staatsgeschmeid,
Es brachten's uns're Söhne wert
Heimkehrend über manches Meer.
Aus mexikanschen Bergen her
Stammt dort der Sattel silberreich
Und was der Sennor schlank und bleich
Von fremder Tracht am Leibe trägt.
Echt ist auch, was da unbewegt
Der Kurde läßt an Waffen
Bewundern und begaffen.
Lang ist der Letzte schon enteilt
Zum Sammelplatz, und harrend weilt
Des Volkes farblos dunkles Meer;
Da plötzlich, wie die Sonne hehr
Ausgeht, erschallt Fanfarenton,
Die Menschenflut bewegt sich schon
Und lichtet ordnend eine Bahn,
Und langsam zieht das Fest heran.
Da kommt es nun, da ist es nun!
Jetzt kann das Auge satt sich ruh'n
Auf Farbe, Glanz und Wohlgestalt;
Beglückt ist, wer im Reihen zieht
Und wer am Wege steht und sieht.
Das ist des Augenblicks Gewalt,
Der läßt, als wär' er erst das Leben,
Den Sinn in seinem Banne schweben,
Indeß er rasch vorüberrinnt
Und unverseh'ns ein End' gewinnt.
Fern ist der Lärm, die Straße leer,
Drauf schleicht die Sorge still einher,
Des Menschen traute Muhmenfrau
In Kapp' und Schleiern spinnegrau,
Doch dem, der sie sein eigen nennt
Und wie den eig'nen Atem kennt,
Ein zieres Weiblein, weiß und fein,
Das, was da wird, schafft ganz allein
Mit dir bei leisem Sternenschein.
Zur Stund' jedoch läßt man sie steh'n,
Es will das Volk sie nicht beseh'n;
Der Letzte läuft gar eilig fort,
Sie bleibt allein am stillen Ort,
Sitzt auf ein hölzern Bänklein nun
Und denkt: Man kann ein Schläflein tun!
Sie hüllt das Haupt in ihr Gewand
Und schlummert ein, den Stab zur Hand.
Die Sorge schläft, der Abend sinkt,
Und neue Lust den Scharen winkt;
Denn als die kühlern Lüfte weh'n
Ruft dort, wo hoch die Linden steh'n,
Auf räum'gem Bühel, dessen Fuß
Bespült der grüne Limacus,
Ein nächtlich Mahl zur Stelle,
Wo Meister und Geselle
Durch die Jahrhunderte entlang
Erhuben schon den Becherklang.
Das ist der schönste Bürgersaal;
Vom Himmel flimmert sanft der Strahl
Der alten Sterne hoch herein,
Und Lindenblüte schwimmt im Wein.
Gelagert hat die Freude sich;
Auch jenes graue Weiblein schlich,
Das sich indeß ermuntert hat,
Herbei zur bunten Lagerstatt.
Sie drängt sich zwischen Mann und Mann,
Rührt leise den und jenen an;
Der zuckt die Schulter halb bedacht,
Doch nimmt sich weiter nicht in Acht;
Der schaut im Glas ihr Angesicht,
Führt's träumerisch zum Munde dicht,
Und in sich selbst versunken,
Hat er den Wein getrunken.
Kein Ohr ist, das sich borge
Dem leisen Ruf der Sorge,
Kein waches Aug' zu finden;
Der dunkle Dom der Linden
Summt wie ein großes Bienenhaus,
Wo Sang und Klang schwirrt ein und aus.
Da, horch, erdröhnt das Feuerhorn!
Und wie der Wind sich dreht im Korn,
Wend't alles Volk den Kopf herum,
Die Spieler und das Publikum,
Was oben schmaus't, was unten steht,
Am Strand und auf den Brücken geht,
Kehrt mit erschreckt neugier'gem Sinn
Den Blick nach Einer Richtung hin.
Grad über'm Fluß ragt, in sich fest
Verschränkt, ein altes Häusernest
Mit Treppleinwerk und Holzgesperr,
Ein Dachgewirr hoch d'rüber her;
Der braune Rauch quillt draus hervor,
Und schon schlägt auch die Flamm' empor;
Aus Fenstern, Löchern, Luken
Sieht man sie glüh'n und zucken,
Bis breit die Feuerkrone fitzt,
Darin es knattert, loht und blitzt;
Sie wirft den taghell roten Schein
Hinüber in den Lindenhain,
Wo Tisch und Glas verlassen steht
Und keines Gastes Kleid mehr weht;
Denn Jeder weilt schon eingereiht
Am Ort, wo seine Pflicht gebeut.
Sie sind, so wie sie waren,
Zur Lohe hin gefahren,
Und Einer schaut den Andern an,
Wie er so seltsam angetan.
Nie sah man solchen Mummenschanz
Sich tummeln in des Feuers Glanz
Mit raschem Tun und Schaffen.
Hier schleppen dunkle Pfaffen
Langbeinig Bett und Kasten fort,
Und starke Nonnen tragen dort
Mit rauhem Ruf die Leiter her
Und richten sie, die schwank und schwer,
Mühsam empor; mit langem Schlauch
Ein perlbesä'ter Hindumann,
Der Maharadja klimmt hinan
Und schwindet hoch in Qualm und Rauch.
Am Ufer schöpft australisch Volk
Vereint mit dem Kosakenpolk;
Die bräunliche Zigeunerin
Fährt mit dem Windlicht her und hin,
Sie schlägt den dicken Mönch auf's Ohr,
Der sie zu müß'gem Scherz erkor,
Und schickt ihn zu den Spritzen;
Tscherkessenhelme blitzen,
Und mit den kahlen Köpfen
Und rückenlangen Zöpfen
Tun dort Chinesen enggeschart
Des Pumpwerks Arbeit heiß und hart.
So schießt von allen Seiten bald
Das Wasser in den Flammenwald
Und stirbt in seiner wilden Glut,
Das klare Labsal hold und gut.
Doch seht! auf höchstem Giebel ragt
Ein Wendrohrführer unverzagt:
Der Irokes' mit roter Haut,
Den grauslich man von unten schaut!
Der Bäcker ist's von Unterstraß,
Ein lust'ger Mann voll Schwank und Spaß;
Wenn er im Herbst den Neuen trinkt
Und der ihn gar zu trübe dünkt,
Bringt ihm die Zipfelmütz Gewinn,
Er zieht sie nieder bis zum Kinn,
Trinkt durch die Maschen dann getrost
Und nennt es seigen seinen Most;
Stumm sitzt er da, dem Fremdling graut,
Der den verkappten Zecher schaut.
Auch wie ein Frosch, ein grüner Mann,
Sagt man, daß Jener hüpfen kann
Auf gradem Strich die Dielen lang,
Und quackt und quirlt den Froschgesang;
Dann bellt er wie ein heis'rer Fuchs,
Bewegt die Qhren als ein Luchs;
Mit feiner Kinderstimme singt
Er Schelmenliedlein, leicht beschwingt,
Und klemmt die Aeuglein froh gelaunt,
Wenn lachend ihn die Welt bestaunt.
Jetzt, mit dem Element im Kampf,
Verbirgt ihn bald der krause Dampf,
Bald steht er schwarz im hellen Schein
Auf kräftig ausgespreiztem Bein;
Umstoben von der Funkenglut
Lenkt er des Wassers Silberflut
Und schleudert mächtig Strahl auf Strahl
In den empörten Flammensaal.
Sein indian'scher Kriegerschmuck
Erzittert vom gewalt'gen Druck,
Der Geierfittich schräg im Schopf
Raucht halb versengt auf seinem Kopf.
Das ist ihm nun die wahre Lust,
Ein Jauchzer steigt aus seiner Brust
Hoch über allen Lärm und Drang.
Zugleich ertönt ein and'rer Sang:
Das Angstgeschrei erheben
Bedrohte Menschenleben,
Ein Schrei zuerst - dann gellt es fort
Markschütternd am verlass'nen Ort,
Im Gassenwinkel, wo der Glast
Ein dunkles Fensterloch umfaßt
Und drin ein rotes Pünktlein schwimmt,
Ein einsam Lämpchen irrend glimmt.
Kaum ist die Leiter dort getürmt,
Des Todes Warte rasch erstürmt,
So ruft es hier vom höchsten Sitz
Um Hülf' in all den Menschenwitz,
Der unten dicht und emsig schwärmt
Und selber nun voll Schrecken lärmt.
Zwei fremde Männer, wohl bestellt,
Die friedsam wandernd sich gesellt,
Die Sommerfrische zu begeh'n
Und auch das Fest am Weg zu seh'n,
Die ruhten da behaglich aus
Im wirrgebauten Herbergshaus,
Und ihr bescheidenes Quartier
Ragt oben an die Wolken schier.
Wie nun das Haus von innen brennt,
Sind sie von aller Welt getrennt,
Vergessen liegen sie im Traum.
Von einem blitzzerspellten Baum
Voll Angst der Eine träumt, derweil
Der Andere mit banger Eil'
Auf einem glatten Eise flieht,
Das krachend er zersplittern sieht.
Sie wachen auf, ganz sinnverstört
Vom Knall und Schall, den sie gehört;
Noch zittert das Gemach vom Klang:
Es hat ein starker Wasserstrang
Das Fenster eingeschlagen. -
Und eh' sich ihre Blicke fragen,
So klappert auch die Thür im Schloß,
Wie wenn ein später Schlafgenoß
Mit Rütteln gröblich Einlaß heischt;
Sie sperren auf - Entsetzen kreischt
Aus bleichem Mund, es starrt das Haar,
Denn wo unlängst die Treppe war,
Rollt eine Säule Rauch's empor,
Aus der die Flammenzunge sticht;
Ein Feuerriese von Gestalt,
Scheint's aus dem Abgrund aufgewallt,
Sich lagernd vor die Schwelle dicht.
Sie werfen zu das schwache Tor
Und schieben flugs den Riegel vor,
Denn schreckenvoll war das Gesicht!
Und wieder rüttelt an der Tür
Der Hauch der Glut mit Ungebühr.
Was noch vom Fensterwerk bestand,
Reißt auf nun bebend ihre Hand;
Sie lehnen angstvoll sich hinaus,
Da faßt sie gleich ein neuer Graus!
Ein breit Gesims versperrt dem Blick
Den Weg nach unten und zurück.
Sie schrei'n erbärmlich, ungeseh'n,
Bis Jene, die entfernter steh'n,
Erschau'n die bitt're Not der Zwei
Und wo ertönt das Hülfsgeschrei.
Nun rauscht es unten stärker auf
Vom Rufen, Hin- und Hergelauf.
Je größer die Gefahr zur Frist
Und schwieriger die Rettung ist,
Schwillt brausender es durch die Reih'n:
Soll wie in einer Narrenstadt,
Die weder Witz noch Sitte hat,
Der Fremdling schmählich untergeh'n
Und seine Sippe klagend schrein:
Hätt' dieses Nest er nie geseh'n?
Mit nichten! Denn schon eilt herbei
Die Zahl der edeln Steigerei,
Das Auge kühn und ungetrübt,
In neuen Künsten wohlgeübt,
Bewehrt, gegürtet schlank und schlicht,
Vor jeder Brust ein leuchtend Licht!
Ergraut schon ist ihr Obermann,
Der sechzig Jahre zählen kann,
Ein Herr, ein sogenannter
Und jugendlich gewandter,
Von der Muralti altem Haus;
Vornehm und ruhig sieht er aus.
Ein Leiterbau wird aufgericht't,
Ein schwanker, bis er ebner Schicht
Fast zum verlornen Fenster trägt;
Doch Jenem scheint vom Tageslauf
Die wackre Mannschaft aufgeregt,
Drum steigt er wohlbedacht vorauf
Und klimmt zum obersten Geschoß
So rüstig, wie ein Lenzgenoß
Zu Berge steigt im Sonnenschein.
Und mit ihm steiget Glied an Glied
Fritz Waser auf, der Messerschmied,
Der schon sich Brau' und Hand verbrannt,
Als er den Feind im Haus berannt.
Der eine alt, der and're jung,
Tun sie den gleichen schweren Schwung
Und schwingen mutig sich hinein,
Wo die zwei Wandrer starr wie Stein,
Lautlos in Wolken Rauches steh'n.
Die wissen nicht, wie es gescheh'n,
Daß die Errettung treulich nah;
Wie lieblich tönt den Männern da,
Als Hoffnung schon verloren,
Der Heilsruf in den Ohren!
Ein hanfner Schlauch wird fest gehakt,
Das Wallerpaar frisch eingepackt,
Und hurtig reisen sie zu Tal.
Ein Freudenschall die Luft durchzieht,
Da man im schwebenden Kanal
Das Eingeschob'ne fahren sieht,
Und fröhliches Gelächter schwellt
Des Volkes Brust; behutsam stellt
Es auf die Beine rund und heil
Die zitternden Gestalten.
Ein Ritter erst und dann ein Graf
Vom kaiserlichen Land Tirol
Entstiegen so dem dunklen Hohl,
Um zu entgeh'n dem Todesschlaf,
Und des Geschickes Walten
Jetzt fromm zu loben, ist ihr Teil.
Und wie sie sprachlos aufwärts schau'n,
Betrachten sie mit Lust und Grau'n,
Der sie entfloh'n, die Höllenglut,
Und denken mit befreitem Mut
An Weib und Kind und Heimatland;
Auch preisen sie nun mit Verstand
Die Zucht und Ordnung dieser Stadt
Und werden nicht des Preisens satt.
Die guten Bürger hören gern
So weises Wort der fremden Herr'n,
Und hätten fast indessen
Das Löschen drob vergessen.
Doch nun geschieht der letzte Kampf;
Erstickend stirbt im Wasserdampf
Und zischend wie ein böser Drach'
Das rote Feuer allgemach,
Bis friedlich herrscht die Ruh' der Nacht
Und mit der Sorge ganz allein
Bei leiser Sterne Zitterschein
Weit über Stadt und Türmen wacht.
Befriedigt ruh'n die Männer aus
Beim Labetrunk in manchem Haus,
Durchnäßt, ermüdet und berußt;
Das war das End' der Bürgerlust.
Wie viele Jahre sind dahin!
Mir liegt der bunte Tag im Sinn
Wie an der Jugend fernem Saum
Ein halb vergess'ner Junitraum.
Der Meister Heinrich lobesan,
Der immerfrohe Bäckersmann
Mit seiner Mütz' und der Muralt:
Sie sind schon längst dahin gewallt,
Von wannen Keiner wiederkehrt
Und keine Botschaft man erfährt.
Nur Waser glüht den Stahl noch hart,
Und stahlgrau ist sein langer Bart!
Gottfried
Keller . 1819 - 1890
|
|