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Gottfried Keller
Gesammelte
Gedichte . 3. Auflage 1888
Krötensage
Des Berges alte Wangen sind
Von Maiensonne beschienen;
Sie lächeln unter Quellenglanz,
Die Schilfe, die Farren ergrünen.
Die Kröte springt aus dem Kieselstein,
Ein Hirt hat ihn zerschlagen;
Sie schaut verdrossen die Scherben an
Und sie beginnt zu sagen:
Viel tausend Jahre bin ich alt
Sammt diesem Futterale!
Es schob vom hohen Felsgebirg
Allmälig mit mir zu Tale.
Doch manchmal in der Wasser Sturz
Sind wir gewaltig gesprungen;
Dann hat's um meine dunkle Clausur
Gesungen und geklungen.
Und wie mir ist - ich weiß es nicht,
Noch was ich getrieben indessen;
Ich hab' im Mindesten nichts gelernt
Und hatte nicht viel zu vergessen.
Ein warmer Regen, ein grünes Kraut
Nur konnten mir behagen;
Sie liegen mir fort und fort im Sinn
Aus fernen Jugendtagen.
So hab' ich ein langweilig Stück
Unsterblichkeit erworben;
Hätt' ich getrunken lebendige Luft,
Längst wär' ich vernünftig gestorben.
Gottfried
Keller . 1819 - 1890
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