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Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Brautfeier

Wenn thaubeglänzt, versteckt in grünen Zweigen
    Die erste Rose träumerisch erwacht,
Dann, sagt man, tönt in wundervollem Reigen
    Ein lautes Festlied durch die stille Nacht:
Hilfreiche Genien sieht man niedersteigen.
    Goldlock'ge Feen in zauberischer Tracht,
Und die der Rose dienen als Vasallen,
    Die Lerchen jubeln und die Nachtigallen.

Und o wie lieblich klingt, was sie verkünden,
    Wie süß das Schicksal, das sie prophezein?
Allüberall in blumenreichen Gründen
    Soll Königin die holde Rose sein,
Soll tausend Herzen tausendfach entzünden
    Zu süßer Qual, zu wonnevoller Pein:
So, was von fern viel leise Stimmen flöten,
    Die Rose hört's mit lieblichem Erröthen.

Ganz solch ein Lied, von Geistern auch gesungen,
    O Rose du in maienhafter Pracht!
Hat deine Wiege freundlich auch umklungen,
    Da du zuerst das Leben angelacht.
Wohl war es tief dir in das Herz gedrungen,
    Durchglühte dich mit ahnungsvoller Macht;
Doch gleich der Rose, horchtest du den Chören,
    Und lächeltest und schienst sie kaum zu hören.

Nun ist die Knospe herrlich aufgebrochen,
    Die schönste wohl der ganzen Blumenschaar,
Und was das Lied der Feen dir versprochen,
    Schau um dich, Herz, o schau! es wurde wahr!
Kaum sah ich nur mit stillem Herzenspochen
    Dein liebes Auge, lächelnd, sonnenklar,
Da fühlt' ich schon mit Hoffen und mit Zagen,
    Daß eine Krone deine Schläfe tragen.

So, was dir klang in jener ersten Stunde,
    Noch heute tönt es freundlich in dein Ohr:
Von Geistern nicht, sie haucht von meinem Munde,
    Aus meinem Herzen flüstert sie empor,
Die süße Botschaft von dem holden Bunde,
    Dem ewigen, den unser Herz beschwor!
Drum nicht die Lerche, nein, in deine Seele
    Singt heut ihr Lied, ihr erstes, Philomele.

Und sieh', schon schwebt, wie damals, heute wieder,
    Heut zu uns Beiden, nicht zu dir allein!
Im Morgenglanz ein Chor von Engeln nieder,
    Und o wie süß, was heut sie prophezeihn!
Schon hör' ich tönen hochzeitliche Lieder,
    Die Laube schließt, ein Brautgemach, uns ein,
Und wie nun fallen unsers Lebens Loose:
    Du bist nun mein, bleibst einzig meine Rose.


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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