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Gedichte
162 Bücher



Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Den Schwestern

1.

1837.

Gedenken wir der Jahre, die vergangen!
    Du warst erwachsen, Kinder noch wir zwei:
Dasselbe Lächeln doch auf Aller Wangen,
    Dieselbe Lust an Spiel und Schelmerei;
Ein Vaterkuß, Ein mütterlich Umfangen,
    Dann Ein Verlust und ach, Ein Wehgeschrei -!
So, die wir ruhten unter Einem Herzen,
Einmüthig trugen wir so Leid, wie Schmerzen.

Als wir verwaist nun stumm gen Himmel starrten,
    Da hast du schnell ein männlich Herz gefaßt;
Denn unsre Jugend galt es ja zu warten,
    Es galt zu tragen eine schwere Last,
Zu sänftigen den Trotz, den felsenharten,
    Und mild zu zügeln ungestüme Hast.
So keimte dir mit rascherwachsnem Triebe
In jungfräulicher Brust die Mutterliebe.

Jetzt will die Zeit sich fröhlicher gestalten,
    Ein neuer Morgen tagt mit neuem Licht:
Was du gepflegt, mag es sich reich entfalten,
    Mag froh gedeihn, was gute Frucht verspricht!
Wir aber wolln es treu, wie immer halten:
    Kennt unsre Liebe doch den Wechsel nicht!
Schütz' Gott dein Haus und deine muntern Kleinen,
Des höchsten Glücks genieß' im Glück der Deinen!


2.

1838.

Um meine Zukunft sorgst du? Sorge nicht!
    Zwar nicht in Worten deutlich kann ich's sagen,
    Doch ahn' ich es und fühl's im Herzen schlagen,
Daß mir nicht Kraft, nicht Wille mir gebricht.

Fern ist das Ziel und schwer erfüllt die Pflicht;
    Doch hab' ich Muth, zu kämpfen und zu wagen!
    Drum was die Andern zweifeln, deuteln, fragen,
O glaube du nur, was mein Herz verspricht.

Auf mich und dich, die weinend bei mir stand,
    Hat segnend sich, vom Tode schon gebrochen,
Noch unsrer Mutter letzter Blick gewandt.

Und was wir da, von Thränen heiß benetzt,
    Mit stummem Eidschwur, Herz an Herz, versprochen,
Du hieltst den Eid! den meinen halt' ich jetzt.


3.

1839.

Vor einem Jahr - mir ist's, als wär' es gestern,
    Und doch welch reiches, welch bewegtes Jahr!
In eurer Mitte saß ich, liebe Schwestern,
    Umgeben rings von eurer Kinder Schaar:
Heut lärmten sie, wie wir gelärmt vor Jahren,
    Da, die jetzt schlummern, Weihnacht uns bescheert -
Still, still davon! Ihr wißt, wie froh wir waren,
    Nie bessern Tag hat uns das Glück gewährt.

Heut fern von euch - und dennoch nicht verlassen,
    Von euch getrennt, doch ein beglückter Mann!
Zwei weiche Arme fühl' ich mich umfassen,
    Zwei holde Augen sehn mich zärtlich an;
Ein neues Leben ist mir aufgegangen,
    Ein Paradies, das nie mein Traum geschaut,
Und all mein Wunsch, mein Hoffen und Verlangen,
    Mein Ich, mein All, es ruht in meiner Braut.

Sie zürnt mir nicht, wenn heut nach euch ein Sehnen
    Das starke Herz wehmüthig mir erweicht,
Wenn in die Fluth wollüst'ger Freudenthränen
    Sich heut um euch ein stilles Thränchen schleicht:
Sie liebt euch auch! Sie möchte zu euch fliehen,
    Hold, wie sie ist, mit lächelndem Gesicht,
Ihr aber würdet an das Herz sie ziehen:
    Wohl ungekannt, doch fremd seid ihr euch nicht.

O möchte bald der frohe Morgen tagen,
    Den noch umsonst mein sehnend Herz beschwor,
Wo ich zu euch mit Lächeln dürfte sagen:
    Schaut her, hier ist sie, die ich mir erkor!
Es werden Tage, Monden, Jahre schwinden,
    Viel ist zu dulden, Vieles muß geschehn;
Doch werden wir, wir werden einst uns finden -
    Sei Gott mit uns! auf frohes Wiedersehn!


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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Den Schwestern, Robert Eduard Prutz