Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Im Weltgesang
162 Bücher



Leo Sternberg
Im Weltgesang . 1. Auflage 1916



Unterm Winterhimmel

In den alten Bäumen
stehn die Wintersterne
wie weiße Blüten.
Über gefrorene Erde
geht mein Wanderschritt
durch die glitzernde Nacht.

Von einem der Myriaden dort oben
stammt meine Seele.
Hinter Kerkerstäben,
im Dunkel, bleibe ich nicht.
In klirrenden Eichwäldern,
über steinharte Acker
und wo am gefrorenen Fluß
der blaue Eisvogel fischt,
unterm Himmel wandre ich,
unterm Himmel!

Hab ich das Licht,
das du mir mitgabst,
unter die Brüder verpflanzt?
Ach, ich fand die Erde
ein Inselzypressen-Wunderpark,
und die Straße, die ich schreite,
habe ich nicht gebahnt!
Zwischen meine Sehnsucht aber und Dich
laß Gebirge sich stellen -
ich schaue durch Felsen!
Siehe, ich habe meine Freunde nicht bewogen,
mir zu folgen!
Ich bin einsam und nahm kein Weib,
daß sie nicht sage:
Ich bin dein Licht!

Wenn einst das geflügelte Wesen,
vergletscherte Welten zu wandeln in Tropenhaine,
neuen Samen sucht
und fragend von Stern zu Stern dort oben schreitet
- dann sollst du hinunterdeuten,
wo ich gehe
in eiszapfenbärtigem Tann,
zwischen Schneedünen,
über Landstraßen knirschend wie Glas,
gegen Frostwind, in dem die Augen tränen,
am raschelnden Röhricht grüneisiger Flüsse entlang,
gehe mit Glut im Herzen,
und - umfroren von Wintertod -
den Funken in meiner Brust,
der mich verbindet mit dir,
nicht lasse verglühn ...

Dann wird ein Feuer herabschlagen,
mich hinaufzuholen
zur Aussaat dort oben;
und als erste tulpenrote Blume
sprieße ich auf
in dem Schnee des neuen Gestirns.


  Leo Sternberg . 1876 - 1937






Gedicht: Unterm Winterhimmel

Expressionisten
Dichter abc


Sternberg
Leyer, Wanderstab ...
Im Weltgesang

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Unterm Winterhimmel, Leo Sternberg