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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte . 1825



Der Junggesell und der Mühlbach

Gesell.

Wo willst du klares Bächlein hin,
So munter?
Du eilst, mit frohem, leichten Sinn
Hinunter.
Was suchst du eilig in dem Thal?
So höre doch und sprich einmahl!


Bach.

Ich war ein Bächlein, Junggesell;
Sie haben
Mich so gefaßt, damit ich schnell,
Im Graben,
Zur Mühle dort hinunter soll,
Und immer bin ich rasch und voll.


Gesell.

Du eilest, mit gelass'nem Muth,
Zur Mühle,
Und weißt nicht, was ich junges Blut
Hier fühle.
Es blickt die schöne Müllerin
Wohl freundlich manchmal nach dir hin?


Bach.

Sie öffnet früh, beim Morgenlicht,
Den Laden,
Und kommt, ihr liebes Angesicht
Zu baden.
Ihr Busen ist so voll und weiß;
Es wird mir gleich zum Dampfen heiß.


Gesell.

Kann sie im Wasser Liebesgluth
Entzünden;
Wie soll man Ruh' mit Fleisch und Blut
Wohl finden?
Wenn man sie ein Mahl nur gesehn,
Ach! immer muß man nach ihr gehn.


Bach.

Dann stürz' ich auf die Räder mich
Mit Brausen,
Und alle Schaufeln drehen sich
Im Sausen.
Seit dem das schöne Mädchen schafft,
Hat auch das Wasser bess're Kraft.


Gesell.

Du Armer, fühlst du nicht den Schmerz,
Wie Andre?
Sie lacht dich an, und sagt im Scherz:
Nun wandre!
Sie hielte dich wohl selbst zurück
Mit einem süßen Liebesblick?


Bach.

Mir wird so schwer, so schwer, vom Ort
Zu fließen:
Ich krümme mich nur sachte fort
Durch Wiesen;
Und käm' es erst auf mich nur an,
Der Weg wär' bald zurück gethan.


Gesell.

Geselle meiner Liebesqual,
Ich scheide;
Du murmelst mir vielleicht einmal
Zur Freude.
Geh', sag' ihr gleich, und sag' ihr oft,
Was still der Knabe wünscht und hofft.


  Johann Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832






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Der Junggesell und der Mühlbach, Johann Wolfgang von Goethe