162 Bücher
|
Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte
. 1825
Die Nectar-Tropfen
Als Minerva jenen Liebling,
Den Prometheus, zu begünst'gen,
Eine volle Nectar-Schale
Von dem Himmel niederbrachte,
Seine Menschen zu beglücken,
Und den Trieb zu holden Künsten
Ihrem Busen einzuflößen;
Eilte sie mit schnellen Füßen,
Daß sie Jupiter nicht sähe;
Und die goldne Schale schwankte,
Und es fielen wenig Tropfen
Auf den grünen Boden nieder.
Emsig waren drauf die Bienen
Hinterher, und saugten fleißig;
Kam der Schmetterling geschäftig,
Auch ein Tröpfchen zu erhaschen;
Selbst die ungestalte Spinne
Kroch herbei und sog gewaltig.
Glücklich haben sie gekostet,
Sie und andre zarte Thierchen;
Denn sie theilen mit dem Menschen
Nun das schönste Glück, die Kunst.
Johann
Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832
|
|