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Anton Wildgans
Buch
der Gedichte . 1. Auflage 1929
Der arme Narr betet
Du bist so groß, mein Gott, so stark und gut!
So nimm dich auch des armen Narren an!
Tauge ich nichts, ich bin nicht schuld daran,
Du mischtest selbst mir Mark, Gehirn und Blut.
Den Kopf voll Träumen, eine hohe Welt,
Im Herzen eine tolle Leidenschaft
Und in den Knochen keinen Funken Kraft -
So hast du mich in dieses Sein gestellt.
So treibe ich, ein segelvolles Boot,
Von Wunsch zu Traum, aus Träumen zu Begehr,
Jedes Gefühl wird mir zum Wogenmeer
Und alles Wirken allertiefste Not.
Und was ich tue, scheint mir nicht getan
Und bleibt mir fremd und bringt mir keine Frucht,
Und was ich lasse, wandelt sich zur Sucht
Und blickt mich wild mit geilen Augen an.
Hab' nie von dem, was müd und hungrig macht,
Des Feierabends ausgeruht am Herd,
Schlaf hat mich nie erquickt, und traumversehrt
Bin ich am Morgen hoffnungslos erwacht.
Und möchte doch nur wie die andern sein,
Die alles tun zu klarem Zweck und Ziel,
Was morgen gilt, bedeutet ihnen viel
Und, wo nichts ist, befriedigt sie der Schein.
Mich nehmen alle Dinge meiner Welt
Und zwingen mich, daß ich in ihnen bin,
So muß ich schleppen ihren dunkeln Sinn,
Heiße ein Narr und bin im Grund ein Held!
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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