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Anton Wildgans
Buch
der Gedichte . 1. Auflage 1929
Der Tag der Mädchen
Das wird im Herbst ein milder Morgen sein
Mit mattem Purpurlicht auf allen Zweigen,
Und wie ein Glanz von süßem, schwerem Wein
Wird kühl die Sonne in den Aether steigen.
An diesem Tage wird ein Reifen sein
Von allen Früchten und ein Tieferneigen
Von traubenschweren Reben und von Aehren
Zu freudigem und üppigem Gewähren.
Und junger Männer eine helle Schar
Wird singend von den Hängen niederschreiten
Mit dunkelm Efeu auf dem Lockenhaar
Und blanker Augen spähend-heißem Gleiten.
Da werdet ihr erwachen aus der Not
Der öden Tage, aus versehnten Nächten,
Und später Rosen Schnee und blasses Rot
Werdet ihr lächelnd um die Stirnen flechten.
An diesem Tage wird von euch die Scham
Wie Larven von den Schmetterlingen fallen;
Wenn Abend dann mit seinen Schleiern kam,
Werdet ihr bebend über Wiesen wallen,
Der schlanken Körper schwanke Silberpracht
Wird wie ein Leuchten durch den Dämmer glimmen,
Und von dem Flüstern junger Männerstimmen
Verwirrt, berauscht sinkt über euch die Nacht...
O, Tag der Mädchen, leidgebor'ner Traum
Schlafloser Nächte, heißgeweinter Lider,
Du streifst mit deines Mantels Purpursaum
Dürstende Lippen, lustbereite Glieder -
Sie aber welken hin und fühlen's kaum
Und blicken stumm auf ihre Hände nieder,
Die müde von der Tage leerem Tun
Auf ihrem freudelosen Schoße ruhn.
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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