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Anton Wildgans
Buch
der Gedichte . 1. Auflage 1929
Die armen Mädchen
Ich will ein Lied von den Mädchen singen,
Von den Mädchen des Volkes, die blaß und müd,
Von ihren Reizen, die bald vergingen,
Von ihren Seelen, die nicht mehr schwingen,
Ich will ein Lied von den Mädchen singen,
Um deren Schläfen das Leiden blüht.
Sie haben ihre Kindheit verbracht
In Zimmern, die keine Sonne beschienen,
Sie lebten in Höfen wie in Kaminen,
Wo trübe der Tag ist und stickig die Nacht.
Einmal waren auch ihre Hände
Biegsam und anzufühlen wie Flaum,
Aber die niedrigen Gegenstände,
Atzende Lauge und beizender Schaum,
Schufen sie rissig und schwielig, kaum
Mehr zu erkennen als Mädchenhände.
Manche freilich, die haben Füße,
So ohne Makel und unversehrt,
Als wär' ihrer Brüste, die längst verheert,
Verhaltenes Blühen und junge Süße
In diese armen verachteten Füße
Ganz leise gesunken und eingekehrt.
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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