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Anton Wildgans
Dreißig
Gedichte . 1. Auflage 1917
Abend über der Stadt
Noch zeichnen sich die Türme in die Schicht
Schwerschwarzen Qualms, in den die Stadt versunken.
Nun schwinden sie, bald ist das letzte Licht
Von all den vielen Augen aufgetrunken.
Hier oben, wo die letzten Häuser sind,
Neigt sich der Tag noch zögernd in die Beete
Dunkelnder Gärten - manchmal harft der Wind
Im Saitenspiel der Telegraphendrähte.
Ein tiefes Brummen kommt von unten her
Wie ein gewaltig-dumpfes Ohrensausen,
Wenn auf den Schienensträngen eiserner
Strombrücken Züge ins Gelände brausen.
Da - eine Kuppel, die in Flammen steht -
Wölbt sich der Mond purpurn aus Häusermassen.
Nun schwebt er auf und steigt wie ein Gebet,
Um hoch im Aether silbern zu verblassen.
Jetzt geben in der Stadt die Glocken Laut
Gleich Hunden, die im Schlaf den Mond anwimmern,
Und wie aus bläulichem Metall gebaut
Glimmern die Dächer - Lichterreihen schimmern.
Anton
Wildgans . 1881 - 1932
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